a) Typische Regelungen/Klarstellungen im Grundverhältnis
Rz. 173
Neben der Festlegung der Rechtsnatur des Grundverhältnisses sind typische Regelungen im Innenverhältnis auch der Start der Vollmacht als Vorsorgevollmacht (siehe Rdn 205 ff. "Königsweg"; siehe in den Grundmustern § 4 = nachstehender Musterbaustein) oder eine bestimmte Aufgabenverteilung bzw. Absprachen (siehe z.B. in Gesundheitsfragen und insbes. zum Behandlungsabbruch Rdn 129, 130) oder Rangfolge unter mehreren Bevollmächtigten (siehe z.B. zum Ersatzbevollmächtigten Rdn 43 oder zur Totenfürsorge Rdn 161).
Rz. 174
Muster 1.28: Baustein Grundmuster – Kurze Regelung des Grundverhältnisses (Rechtsverhältnis offen)
Muster 1.28: Baustein Grundmuster – Kurze Regelung des Grundverhältnisses (Rechtsverhältnis offen)
(Standort im Grundmuster I und II: § 4 Abs. 1)
Im Grundverhältnis (Innenverhältnis), d.h. ohne Einfluss auf die Vollmacht im Außenverhältnis, soll von der Vollmacht erst Gebrauch gemacht werden, wenn der Vorsorgefall eintritt (Geschäftsunfähigkeit bzw. Betreuungsbedürftigkeit (optional: oder wenn ich dies wünsche).
Rz. 175
Der Zusatz "oder wenn ich dies wünsche" ist m.E. i.d.R. geboten. Vielfach soll die "Vorsorgevollmacht" als Generalvollmacht auch außerhalb des Vorsorgefalles Verwendung finden. Mitunter tritt die Motivation der Vorsorge sogar in den Hintergrund (siehe bereits Rdn 14 und Rdn 84).
Rz. 176
Hinweis: Vorsicht bei Beglaubigung gem. § 6 Abs. 2 S. 1 BtBG a.F. und § 7 Abs. 2 BtOG
1. |
Bei entsprechendem Zusatz in einer Vorsorgevollmacht, auf der die Unterschrift bis zum 31.12.2022 von der Urkundsperson der Betreuungsbehörde beglaubigt worden ist (§ 6 Abs. 2 S. 1 BtBG a.F.), steht die Wirksamkeit der Beglaubigung in Frage, weil die Befugnis ausdrücklich (nur) für "Vorsorgevollmachten oder Betreuungsverfügungen" geregelt war (siehe 1. Auflage 2020, Rn 165 und § 7 Rn 15 ff.). |
2. |
Mit der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zum 1.1.2023 hat der Gesetzgeber reagiert und die Befugnis geregelt für Unterschriften "auf Betreuungsverfügungen und auf Vollmachten, soweit sie von natürlichen Personen erteilt werden" (§ 7 Abs. 1 S. 1 BtOG). Zwar "darf" der Urkundsbeamte die Beglaubigung einer entsprechenden "Vollmacht" nur vornehmen, "wenn diese zu dem Zweck erteilt wird, die Bestellung eines Betreuers zu vermeiden" (§ 7 Abs. 2 S. 1 BtOG); ein Verstoß hiergegen begründet eine Amtspflichtverletzung, führt aber nicht zur Unwirksamkeit der Beglaubigung. Für Beglaubigungen ab dem 1.1.2023 stattdessen Vorsicht wegen zeitlicher Befristung der Beglaubigung auf die Lebenszeit des Vollmachtgebers, siehe dazu den Hinweis Rdn 220. |
b) Besondere Regelungen im Grundverhältnis
Rz. 177
In der Gestaltungsliteratur sind Regelungen zum Grundverhältnis darüber hinaus ins Angebot bzw. in die Diskussion gekommen. Regelungsbedarf oder wenigstens Regelungsmöglichkeiten werden damit ferner in folgenden Bereichen gesehen:
▪ |
Bereithaltungspflicht des Bevollmächtigten |
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Ausführungspflicht des Bevollmächtigten |
▪ |
Rücksprachevorbehalte (Rücksprache mit dem Vollmachtgeber oder einem Kontrollbevollmächtigten, siehe zum Kontrollbevollmächtigten § 5) |
▪ |
Dokumentationspflichten zum Eintritt des Vorsorgefalls und zum Bestand des Vermögens |
▪ |
Vorgaben zur Vermögensverwaltung, zur Vermögensanlage und zu Vermögensveräußerungen |
▪ |
Vorgaben zur Wohnung, zur häuslichen Betreuung, zur Heimunterbringung und in Gesundheitsangelegenheiten |
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Informationsrechte, Auskunfts- und Rechenschaftspflichten (siehe oben Rdn 171, 172) |
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Pflicht zur Anregung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts |
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Beginn, Dauer und Beendigung des Vorsorgeverhältnisses (u.a. Kündigungsmöglichkeiten) |
▪ |
Vergütung des Bevollmächtigten |
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Haftungsmaßstab (Haftung für jede Form der Fahrlässigkeit oder Maßstab nur die eigenübliche Sorgfalt – diligentia qaum in suis – oder nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit; Regelung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung) |
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Regelung von Verschwiegenheitspflichten. |
Siehe hierzu mit Gestaltungsvorschlägen § 11 und § 12.
Rz. 178
Horn weist zu Recht darauf hin, dass umfangreiche Regelungen die Vorsorgeberatung ganz erheblich erschweren und oft nicht gewünscht seien. Im "Normalfall" der Bevollmächtigung des Ehegatten/Partners, der Kinder und sonstiger besonders nahestehender Personen (Renner beziffert diesen Normalfall in seiner notariellen Praxis mit 95 % – was der Autor aus seiner Praxis bestätigen kann), wird auf eine detaillierte Ausgestaltung des Grundverhältnisses sehr gut verzichtet werden können. Eine detaillierte Ausgestaltung des Grundverhältnisses würde das ohnehin schon inhaltlich und textlich umfangeiche Vorsorge...