Rz. 177
In der Gestaltungsliteratur sind Regelungen zum Grundverhältnis darüber hinaus ins Angebot bzw. in die Diskussion gekommen. Regelungsbedarf oder wenigstens Regelungsmöglichkeiten werden damit ferner in folgenden Bereichen gesehen:
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Bereithaltungspflicht des Bevollmächtigten |
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Ausführungspflicht des Bevollmächtigten |
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Rücksprachevorbehalte (Rücksprache mit dem Vollmachtgeber oder einem Kontrollbevollmächtigten, siehe zum Kontrollbevollmächtigten § 5) |
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Dokumentationspflichten zum Eintritt des Vorsorgefalls und zum Bestand des Vermögens |
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Vorgaben zur Vermögensverwaltung, zur Vermögensanlage und zu Vermögensveräußerungen |
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Vorgaben zur Wohnung, zur häuslichen Betreuung, zur Heimunterbringung und in Gesundheitsangelegenheiten |
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Informationsrechte, Auskunfts- und Rechenschaftspflichten (siehe oben Rdn 171, 172) |
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Pflicht zur Anregung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts |
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Beginn, Dauer und Beendigung des Vorsorgeverhältnisses (u.a. Kündigungsmöglichkeiten) |
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Vergütung des Bevollmächtigten |
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Haftungsmaßstab (Haftung für jede Form der Fahrlässigkeit oder Maßstab nur die eigenübliche Sorgfalt – diligentia qaum in suis – oder nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit; Regelung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung) |
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Regelung von Verschwiegenheitspflichten. |
Siehe hierzu mit Gestaltungsvorschlägen § 11 und § 12.
Rz. 178
Horn weist zu Recht darauf hin, dass umfangreiche Regelungen die Vorsorgeberatung ganz erheblich erschweren und oft nicht gewünscht seien. Im "Normalfall" der Bevollmächtigung des Ehegatten/Partners, der Kinder und sonstiger besonders nahestehender Personen (Renner beziffert diesen Normalfall in seiner notariellen Praxis mit 95 % – was der Autor aus seiner Praxis bestätigen kann), wird auf eine detaillierte Ausgestaltung des Grundverhältnisses sehr gut verzichtet werden können. Eine detaillierte Ausgestaltung des Grundverhältnisses würde das ohnehin schon inhaltlich und textlich umfangeiche Vorsorgepakt überfrachten und dem Vollmachtgeber Kapazitäten der Aufnahmefähigkeit für die wesentlichen Regelungsbereiche nehmen. Letztendlich gilt zusätzlich das "Flexibilitäts-Argument", welches oben schon gegen die pauschale Anordnung von Auftragsrecht vorgebracht worden ist (siehe Rdn 169): Pauschale, gut gemeinte Regelungen können in den einfachen/klaren Fällen zu einer – auch vom Vollmachtgeber – nicht gewünschten, unangemessenen Belastung/Bürokratie werden (auch als Gefahr der "textlichen Zementierung" bezeichnet).
Rz. 179
Wenn eine konkrete/detaillierte Regelung gewünscht ist, sprechen gute Gründe dafür, dieses außerhalb der Vollmachtsurkunde zu erledigen:
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Reduzierung des Textes der Vollmacht für den Empfänger/Leser auf die für ihn relevanten Themen im Außenverhältnis |
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Vermeidung, dass die Regelung als Beschränkung der Vollmacht im Außenverhältnis aufgefasst wird |
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Das (Innen-)Verhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten geht den Leser/Empfänger i.d.R. nichts an (Privatsache/Geheimhaltung; vergleichbar der Argumentation zur getrennten Errichtung von Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung, siehe Rdn 151). |
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Möglichkeit, auf veränderte Verhältnisse durch eine Anpassung lediglich der Vereinbarungen im Innenverhältnis – ohne Eingriff in die Vollmacht – zu reagieren. |
Rz. 180
Für die notariell beurkundete Vorsorgevollmacht gelten die Argumente zwar nur eingeschränkt, weil der Notar angewiesen werden kann, eine Urkunde für deren Verwendung im Rechtsverkehr auszugsweise auszufertigen (§ 49 Abs. 5 BeurkG; siehe dazu § 7 Rdn 42, 43). Eine – auch zum Grundverhältnis/Vorsorgeverhältnis – sehr gute Arbeits-/Gestaltungsanleitung liefern die Muster von Lipp/Spalckhaver (Zitat vorstehend in Rdn 177 a.E.).
Rz. 181
Bei der notariell beurkundenden Vorsorgevollmacht ist dann aber zu beachten, dass eine – nicht nur deklaratorische – Regelung des Grundverhältnisses zu – im Einzelfall beträchtlichen – Mehrkosten führt.