Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 131
Die Frage, ob ein Grundbuch unter Vorlage der post- oder transmortalen Vollmacht umgeschrieben werden kann, wurde bis dato nicht höchstrichterlich entschieden.
Rz. 132
Wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des Erblassers wird, stellt sich die Frage, ob eine trans- oder postmortale Vollmacht mit Eintritt des Erbfalls entsprechend dem Gedanken der Konfusion (Vereinigung von Schuldner- und Gläubigerstellung in einer Person) erlischt. Teilweise wird hier der Rechtsgedanke der Konsolidation, also der "dinglichen Konfusion" herangezogen. Die größte praktische Auswirkung hat diese in Rechtsprechung und Literatur äußerst umstrittene Frage im Grundbuchverfahren, wenn der Alleinerbe auf seine notariell beurkundete bzw. öffentlich beglaubigte Vollmacht gestützt Verfügungen über ein Nachlassgrundstück tätigt und diese grundbuchlich vollzogen werden sollen.
Eine Vollmacht ist gemäß § 168 BGB so lange gültig, bis sie vom Vollmachtgeber bzw. im Falle der postmortalen Vollmacht vom Erben widerrufen wird. Des Weiteren besteht die Vertretungsmacht aufgrund der Vollmachtsurkunde gemäß § 172 Abs. 2 BGB so lange fort, bis die Urkunde zurückgegeben oder für kraftlos erklärt wurde. Dies gilt gemäß § 173 BGB nicht, wenn der Dritte positive Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis vom Erlöschen der Vollmacht hat. Sollte der Vollmachtnehmer erklären, dass er Alleinerbe sei, so führt dies nicht, ohne Vorlage eines Erbscheins, zur Ungültigkeit der Vollmacht. Solange das Erbscheinsverfahren nicht abgeschlossen ist, besteht das Interesse an der Wirksamkeit der postmortalen Vollmacht fort; das Grundbuchamt muss aufgrund des Legitimationsprinzips der Vollmacht deren Wirksamkeit nicht prüfen.
Regelmäßig ist sodann auch zu prüfen, ob es einer Voreintragung gemäß § 39 GBO bedarf oder diese gemäß § 40 Abs. 1 GBO (analog) nicht notwendig ist.
Rz. 133
Nach dem OLG Hamm erlischt eine Vollmacht, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des Vollmachtgebers wird. Das OLG Hamm bejahte eine Konfusion mit der Begründung, dass § 164 BGB eine Personenverschiedenheit zwischen Vertreter und rechtsgeschäftlich Vertretenem voraussetze. Mit dem Erbfall verschmelze der Nachlass mit dem Eigenvermögen des Erben zu einer rechtlichen Einheit, wodurch die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Erblasser und dem Alleinerben erlöschen; die Ausnahmen hiervon seien explizit gesetzlich geregelt (§§ 1976, 1990, 1991 Abs. 2, 2143, 2175, 2377 BGB) und lägen bei dem zum Alleinerben berufenen Bevollmächtigten – der sich in dem entschiedenen Fall auf beide Rechtsgrundlagen berief – nicht vor. Durch die Berufung auf seine Alleinerbenstellung habe der Bevollmächtigte die Legitimationswirkung der Vollmacht aufgehoben.
Rz. 134
Nach Ansicht des OLG Schleswig soll mittels der post- oder transmortalen Vollmacht selbst dann eine Umschreibung erfolgen können, wenn der Bevollmächtigte Miterbe des Vollmachtgebers ist. Der Bevollmächtigte leitet sein Recht vom Erblasser her, § 925 BGB sowie §§ 19, 13 GBO finden Anwendung.
Rz. 135
Wurde eine Vollmacht wirksam erteilt, wird das Vertrauen auf ihren Fortbestand nach §§ 170–173 BGB geschützt, solange dem Geschäftsgegner das Erlöschen nicht angezeigt wurde oder er dieses kennt bzw. fahrlässig nicht kennt. Auch bei Annahme des Erlöschens der Vollmacht des Alleinerben infolge Konfusion besteht diese Rechtsscheinswirkung (siehe Rdn 42) im Außenverhältnis.
Rz. 136
In einem gleich gelagerten Fall, bei dem der Antragsteller zugleich Alleinerbe und Bevollmächtigter seiner verstorbenen Ehefrau war, sah auch das OLG München den der transmortalen Vollmacht innewohnenden Rechtsschein dadurch zerstört, dass der Bevollmächtigte erklärt hatte, Alleinerbe der Vollmachtgeberin zu sein und als solcher zu handeln. Dann jedoch sei die Verfügungsbefugnis des Alleinerben ohne den Erbennachweis gemäß § 35 GBO nicht belegt, sondern durch öffentliche Urkunden positiv und vollständig zu erbringen.
Rz. 137
In derselben Sache erging eine zweite Entscheidung des OLG München, wonach spätestens mit der Vorlage der die Erbfolge nachweisenden letztwilligen Verfügung in der Form des § 35 Abs. 1 GBO die zugleich vorgelegte transmortale Vollmacht ihre Wirksamkeit verloren habe. Die Verfügungsbefugnis gegenüber dem Grundbuchamt sei damit positiv belegt und beruhe ausschließlich auf der Erbenstellung des Antragstellers.
Die beglaubigte Abschrift eines notariellen gemeinschaftlichen Testaments nebst Eröffnungsniederschrift genügte diesem Erfordernis. Da es keine Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des Testaments gab, wies das OLG das Verlangen des Grundbuchamtes nach einem Erbschein zurück. Dass die Auflassungsurkunde die Grundlage der Verfügungsbefugnis nicht eindeutig bezeichnet hatte (Vollmacht oder Erbenstellung), stand somit der Vollziehbarkeit nicht mehr entgegen.
Rz. 138
Nach der Gegenmeinung bleibt die Vollmacht bestehen, da der zum Alleinerben berufene Bevollmächtigte noch ein rechtliches Bedürfnis habe, aufgrund der Vollmacht handeln ...