Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 170
Dem Bevollmächtigten kann die Entscheidung übertragen werden, im Falle einer krankheitsbedingten konkreten Eigengefährdung den Vollmachtgeber in einer geschlossenen Einrichtung oder in einer geschlossenen Station unterzubringen, § 1831 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Dies setzt eine ernstliche und konkrete Gefahr für Leib und Leben des Betroffenen voraus. Es erfordert kein zielgerichtetes Verhalten, vielmehr müssen objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens vorliegen.
Rz. 171
§ 1831 Abs. 1 BGB regelt die Voraussetzungen einer freiheitsentziehenden Unterbringung, die für eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens von der betroffenen Person notwendig ist, wenn diese die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann. Im Rahmen der Unterbringung nach Nr. 1 oder Nr. 2 der Vorschrift ist eine freie Willensbestimmung ohne eine Krankheitseinsicht des Betroffenen nicht möglich.
Rz. 172
Die Unterbringung nach § 1831 Abs. 1 BGB ist nur dann genehmigungsfähig, wenn die ärztliche Maßnahme erfolgversprechend durchgeführt werden kann, der Vollmachtgeber also entweder seine Zustimmung hierzu erteilt oder eine ärztliche Zwangsmaßnahme nach § 1832 BGB genehmigt war. Davon kann so lange ausgegangen werden, wie sich die Weigerung des Betroffenen, sich behandeln zu lassen, nicht manifestiert hat.
Rz. 173
Die Unterbringung war nur zulässig, solange sie zum Wohl des Vollmachtgebers erforderlich war. Stets musste und muss noch immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden; kommt eine mildere Maßnahme in Betracht, ist diese zu wählen.
Mit der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zum 1.1.2023 wurde der Begriff "Wohl" im Rahmen der Erforderlichkeit gestrichen. Inhaltlich ist dies ohne Bedeutung, es sollte damit aber eine Distanzierung von dem bevormundenden Wesen im Betreuungsbereich hin zum Prinzip der Selbstbestimmung erfolgen.
Rz. 174
§ 1832 Abs. 1 BGB erfasst nur die Unterbringung, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, also nicht die Unterbringung in einer offenen Einrichtung wie etwa einem Alters- und Pflegeheim; auch eine ambulante Zwangsmedikation fällt mangels Freiheitsentziehung nicht unter die Vorschrift.
Rz. 175
Für die Übertragung der Entscheidung an einen Bevollmächtigten muss die Vollmachtsurkunde die Maßnahmen nach § 1831 Abs. 1 BGB ausdrücklich umfassen (vgl. Rdn 50 ff.).
Rz. 176
Zu beachten ist, dass gemäß § 1831 Abs. 2 BGB trotz einer wirksamen Bevollmächtigung die Genehmigung des Betreuungsgerichts einzuholen ist. Ohne diese Genehmigung sind die Maßnahmen nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. In diesem Fall ist die Genehmigung unverzüglich nachzuholen.
Rz. 177
Unterbringungen gemäß § 1831 Abs. 1–3 BGB sind vom Ehegattenvertretungsrecht nicht umfasst.