Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 30
Grundsätzlich wird eine Vollmacht mit Erstellung und Zugang wirksam. Da eine Vorsorgevollmacht an sich erst eine in der Zukunft eintretende Versorgungsbedürftigkeit regeln will, ist zu überlegen, ob die Vollmacht erst mit Eintritt einer aufschiebenden Bedingung Wirksamkeit erlangen soll.
Rz. 31
Verschiedene Modelle sind denkbar:
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Wirksamkeit erst mit Vorlage eines ärztlichen Attests über Handlungs-, Versorgungs- oder Geschäftsunfähigkeit bzw. Betreuungsbedürftigkeit des Vollmachtgebers |
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Bei notarieller Vorsorgevollmacht wird der Notar angewiesen, Ausfertigungen erst nach Vorlage eines oder mehrerer Atteste über die Handlungs-, Versorgungs- oder Geschäftsunfähigkeit bzw. Betreuungsbedürftigkeit des Vollmachtgebers zu erteilen. |
Rz. 32
Nachteil dieser Modelle ist, dass im Außenverhältnis unklar bleibt, ob die Vollmacht wirksam ist. Es tritt ein Vakuum in der Versorgung des Vollmachtgebers ein, bis der Bevollmächtigte über die Vollmacht verfügen kann. Denn die Schwierigkeit besteht in der Praxis gerade auch darin, die Bedingung festzustellen, von deren Eintritt die Wirksamkeit der Vollmacht abhängt.
Rz. 33
Wurde eine Vollmacht ausdrücklich für den Vorsorgefall erteilt (Geschäftsunfähigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit des Vollmachtgebers), kann dies eine Beschränkung im Außenverhältnis darstellen. Bei Grundstücksgeschäften muss dem Grundbuchamt der Eintritt der aufschiebenden Bedingung durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden. Ein ärztliches Attest, wonach der Vollmachtgeber geschäftsunfähig sei, genügt diesen Anforderungen nicht. Eine aufschiebend bedingte Vollmacht führt somit zu Durchsetzungs- und Akzeptanzproblemen, da der Bevollmächtigte den Bedingungseintritt nachweisen muss. Deshalb ist von der Erteilung einer Vollmacht unter einer der vorgenannten Bedingungen abzuraten.
Rz. 34
Die Nachweispflicht gilt nicht für bloße Beschränkungen im Innenverhältnis. Ist der Vollmachtstext insoweit nicht eindeutig oder bestehen berechtigte Zweifel, so kann das Grundbuchamt eine zusätzliche Erklärung des Vollmachtgebers in der Form des § 29 GBO verlangen, aus der sich ergibt, dass die Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt erteilt werden sollte oder den Nachweis verlangen, dass die Voraussetzungen für den Eintritt des Vorsorgefalles erfüllt sind.
Rz. 35
Allein die Bezeichnung als Vorsorgevollmacht genügt nicht für die Annahme einer Bedingung, wenn gleichzeitig Anhaltspunkte für die sofortige unbedingte Wirksamkeit der Vollmacht vorliegen. Das Gleiche gilt für die Angabe im Vollmachtstext, dass die Vollmacht der Vermeidung einer rechtlichen Betreuung diene; dies kann eine bloße Zweckerklärung sein.
Rz. 36
Will der Vollmachtgeber aus Sicherungsgründen dennoch erreichen, dass der Bevollmächtigte nicht über die Vollmacht verfügt, solange er als Vollmachtgeber selbst noch handlungsfähig ist, bleibt ihm die Möglichkeit einer Regelung der Bedingung über das Innenverhältnis. Dies sollte jedoch in einem separaten Dokument geregelt werden, da zum einen die Voraussetzungen des Bedingungseintritts durch einen Dritten nicht geprüft werden müssen und es sich zum anderen um einen Vertrag handelt, der – im Gegensatz zur Vollmachtserteilung als einseitige Willenserklärung – durch zwei Personen geschlossen wird. Der Vorteil liegt darin, dass eine im Außenverhältnis unbedingt erteilte Vollmacht von einer etwaigen Überprüfung des Bedingungseintritts befreit ist und im Verhältnis gegenüber Dritten unbedingt wirkt. Sicherungsmittel und Sanktionen werden im Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem geregelt und treten nach außen nicht hemmend in Erscheinung. Zu beachten ist dabei, dass der Bevollmächtigte auch schon vor Eintritt der Handlungs-, Versorgungs- oder Geschäftsunfähigkeit bzw. Betreuungsbedürftigkeit missbräuchlich von der Vollmacht Gebrauch machen kann. Weitere Sicherungsinstrumente wie etwa eine Doppelbevollmächtigung bzw. eine Zustimmungspflicht des Kontrollbevollmächtigten zu bestimmten Geschäften können daher sinnvoll sein (vgl. Rdn 238 ff. zu weiteren Sicherungsmitteln gegen einen Vollmachtsmissbrauch).
Rz. 37
Nach einem Beschluss des AG Lübeck stehe eine Anweisung an den Bevollmächtigten im Innenverhältnis, nur bei Eintreten des Vorsorgefalles (etwa Krankheit) von der Vorsorgevollmacht Gebrauch zu machen, der Annahme einer im Außenverhältnis bedingten Vollmacht regelmäßig entgegen. Eben mittels einer solchen Gestaltung werde der Umweg über eine Betreuerbestellung vermieden und den Interessen des Vollmachtgebers und des Rechtsverkehrs Rechnung getragen.