Rz. 229

Der vertretende Ehegatte darf gemäß § 1358 Abs. 1 Nr. 3 BGB Maßnahmen, welche die Freiheit des vertretenen Ehegatten durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise einschränken (§ 1831 Abs. 4 BGB), zustimmen, wobei die Genehmigung des Betreuungsgerichts einzuholen ist.

Die Zustimmung zu einer Unterbringung gemäß § 1831 Abs. 1 BGB oder zu ärztlichen Zwangsmaßnahmen gemäß § 1832 BGB ist nicht möglich.[361]

 

Rz. 230

Für die Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßnahme ist immer eine richterliche Genehmigung notwendig. Das AG Schmallenberg[362] entschied, dass in Fällen, in denen der vertretende Ehegatte kurzfristig nicht erreichbar ist, sich der vertretene Ehegatte in einem Delir befindet und eine Eigengefährdung besteht, seitens des Gerichts eine einstweilige Anordnung gemäß § 1867 BGB zu treffen sei, auch bei einer Vertretung gemäß § 1358 BGB.

Das Gericht begründet dies damit, dass der vertretende Ehegatte über Maßnahmen gemäß § 1831 Abs. 4 BGB entscheiden kann und die entsprechenden Anträge beim Betreuungsgericht stellen muss. Aufgrund dessen und des Hauptgedankens der Vorschrift ergebe sich eine Anwendbarkeit des § 1867 BGB, auch wenn § 1358 Abs. 6 BGB ausdrücklich auf diesen nicht verweist. Durch diese Verweise wird der vertretende Ehegatte zum Schutz des vertretenen Ehegatten den gleichen Bindungen wie ein Vorsorgebevollmächtigter oder ein gerichtlich bestellter Betreuer unterworfen. Dies umfasst auch die notwendigen Genehmigungen des Betreuungsgerichts sowie die Art und Weise der Wahrnehmung der Vertretung.[363]

Eine Unanwendbarkeit des § 1867 BGB würde den verfassungsrechtlichen Vorgaben bei freiheitsentziehenden Maßnahmen, die zwingend eine richterliche Kontrolle fordern, nicht gerecht. Es könne nicht sein, dass bei kurzfristiger Unerreichbarkeit des vertretenden Ehegatten den Ärzten zur Abwehr erheblicher Gesundheits- und Lebensgefahren nur der Rückgriff auf Notstandsgesichtspunkte möglich bleibe. Das Gericht dürfe somit in einem solchen Fall eine freiheitsentziehende Maßnahme gemäß § 1867 BGB anordnen.

[361] MüKo-BGB/Roth, § 1358 Rn 11.
[362] AG Schmallenberg, Beschl. v. 25.8.2023 – 2 XVII 94/23 M, FamRZ 2024, 146.
[363] MüKo-BGB/Roth, § 1358 Rn 25.

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