Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 123
Ein nach § 2265 BGB von Ehegatten errichtetes gemeinschaftliches Testament kann grundsätzlich jederzeit einseitig widerrufen werden. Sind darin jedoch wechselbezügliche Verfügungen i.S.d. § 2270 BGB enthalten, so bedarf die Widerrufserklärung der notariellen Beurkundung, §§ 2271 Abs. 1, 2296 Abs. 2 BGB. Diese muss dem anderen Ehegatten in Urschrift oder Ausfertigung zugehen.
Rz. 124
Auch und gerade wenn einer der Ehegatten geschäftsunfähig wird, kann ein Bedürfnis des anderen bestehen, sich von solch einem gemeinschaftlichen Testament zu lösen, etwa bei Demenz des Ehepartners, um dessen spätere Erbenstellung zu beseitigen und so zu vermeiden, dass der eigene Nachlass für die Pflegekosten aufgebraucht werden könnte. Dies ist grundsätzlich möglich, da die Entgegennahme des Widerrufs keinen höchstpersönlichen Charakter hat.
Rz. 125
In diesem Fall ist der Betreuer als gesetzlicher Vertreter des Geschäftsunfähigen gemäß § 131 Abs. 1 BGB für die Entgegennahme der Widerrufserklärung zuständig bzw., wenn der andere Ehegatte zugleich Betreuer ist, ein Ergänzungsbetreuer zu bestellen. Der Betreuer muss für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge bestellt worden sein, da der Schwerpunkt des Widerrufs im vermögensrechtlichen Bereich liegt, eine "Postvollmacht" reicht nicht aus. Nach einem Beschluss des OLG Nürnberg genügt der Zugang der notariell beurkundeten Widerrufserklärung an einen Ersatzbetreuer mit diesem Aufgabekreis, da § 1817 Abs. 5 BGB (§ 1899 Abs. 4 BGB a.F.) eine rechtliche Verhinderung erfasst.
Das OLG Nürnberg stellte auch fest, dass der Eintritt der Geschäftsunfähigkeit eines Ehegatten kein Hindernis für den Widerruf der wechselbezüglichen Verfügungen des anderen darstellt.
Rz. 126
Bei Vorliegen einer General- oder Vorsorgevollmacht stellt sich die Frage, ob die Zustellung der Widerrufserklärung an den Bevollmächtigten bewirkt werden kann. Dies wird vom LG Leipzig unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 51 Abs. 3 ZPO bejaht. Zwar sei der Vorsorgebevollmächtigte kein gesetzlicher Vertreter nach § 131 Abs. 1 BGB, aber diesem gleichzustellen, wenn die Vollmacht nach ihrem Inhalt und nach der Person des Bevollmächtigten geeignet sei, die Bestellung eines Betreuers entfallen zu lassen.
Ob eine Vollmacht die Befugnis zur Entgegennahme eines solchen Widerrufs beinhaltet, ist im Einzelfall im Wege der Auslegung zu ermitteln, dürfte jedoch bei einer umfassenden Generalvollmacht der Fall sein.
Rz. 127
Ob der widerrufende Ehegatte, der zugleich von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Bevollmächtigter ist, den Widerruf selbst in Empfang nehmen kann, ist umstritten.
Rz. 128
Ein Widerruf der wechselbezüglichen Verfügungen des geschäftsunfähigen Ehegatten kann hingegen nicht in Vertretung erfolgen, da es sich hierbei um eine Verfügung von Todes wegen handelt, die nur höchstpersönlich errichtet werden kann.