Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 56
Der Bevollmächtigte muss als solcher geeignet sein, den Vollmachtgeber zu vertreten. Denn nach § 1814 Abs. 3 Nr. 1 BGB ist die Betreuung nur dann subsidiär, wenn die Angelegenheiten durch einen Bevollmächtigten gleichermaßen besorgt werden können. Ist der Bevollmächtigte zu einer Regelung der Angelegenheiten ungeeignet, kann eine Betreuung aus diesem Grund erforderlich werden. Ungeeignet ist ein Bevollmächtigter, wenn er geschäftsunfähig ist.
Rz. 57
Dem Betreuungsgericht stehen bei der Überprüfung, ob eine Betreuung erforderlich ist, nur objektive Kriterien zur Verfügung. Die Interessen des Vollmachtgebers müssen konkret verletzt sein. Bloße Zweifel am Charakter oder den intellektuellen Kapazitäten der Fürsorgeperson, auch wenn sie nach ihrem bisherigen Lebenslauf berechtigt sein mögen, können nicht zur Erforderlichkeit der Betreuung führen. Der Bevollmächtigte wurde schließlich vom Vollmachtgeber freiwillig und persönlich ausgesucht.
Rz. 58
Es genügt nicht, dass aus der objektivierten Sicht eines Richters die Wünsche, der mutmaßliche Wille bzw. die Interessen des Betroffenen eher oder besser durch einen professionellen Betreuer als durch den Bevollmächtigten wahrgenommen werden können. Auch genügt es nicht, dass die Wertvorstellungen des Bevollmächtigten, nach denen er die Vollmacht ausübt, in Teilbereichen allgemeinen Wertvorstellungen zuwiderlaufen. Auch Spannungen zwischen dem Bevollmächtigten einerseits und dem Pflegepersonal oder behandelnden Ärzten andererseits genügen nicht, die Vollmacht ungeachtet zu lassen und eine Betreuung einzurichten.
Rz. 59
Die Angelegenheiten des Betroffenen können aber dann durch den Bevollmächtigten nicht mehr ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden, wenn die Wahrnehmung den Wünschen des Betroffenen zwar entspricht, der Bevollmächtigte jedoch nicht geeignet ist (früher: wenn die Wahrnehmung durch den Bevollmächtigten eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründete). Ein Bevollmächtigter ist nicht geeignet, wenn sein Handeln nicht entsprechend den Maßgaben des § 1821 BGB erfolgt. Der vom Betroffenen gewünschte Bevollmächtigte muss willens und in der Lage sein, die Angelegenheiten des Volljährigen in den maßgeblichen Aufgabenbereichen nach Maßgabe des § 1821 BGB zu führen und den erforderlichen Kontakt mit dem Betroffenen zu halten. Es ist danach zu beurteilen, ob er sich im Rahmen seines Handelns an die Zweckbindung der Bevollmächtigung hält, d.h. an den durch den Vollmachtgeber erteilten Auftrag und die damit verbundenen Weisungen und Wünsche des Vollmachtgebers. Der Bevollmächtigte ist ebenfalls ungeeignet, wenn er eigenmächtig oder aufgrund des Verhaltens eines Dritten die Aufgaben nicht erfüllen kann. Erhebliche Zweifel an der Redlichkeit des Bevollmächtigten liegen ebenfalls vor, wenn etwa Vermögensdelikte im Raum stehen. Jedoch lässt allein der Umstand, dass der Bevollmächtigte aus dem Vermögen des Vollmachtgebers Schenkungen an sich selbst oder seine eigenen Angehörigen vornimmt, nicht ohne Weiteres darauf schließen, dass er unredlich sei. Wenn die Vorsorgevollmacht ausdrücklich zur Vornahme von Schenkungen berechtigt, kann der Bevollmächtigte hiervon auch Gebrauch machen. Für Zweifel an seiner Redlichkeit müssen weitere Aspekte hinzutreten, etwa konkrete Feststellungen über bestehende Beschränkungen der Schenkungsvollmacht im Innenverhältnis, insbesondere ob die Vermögensverfügungen dem früher geäußerten Willen des Vollmachtgebers widersprachen oder eine konkrete Gefahr für dessen Wohl begründeten und deshalb einen Vollmachtsmissbrauch darstellten.
In solchen Fällen genügt die Einsetzung eines Kontrollbetreuers gemäß § 1815 Abs. 3 BGB nicht.
Die Gefahr einer Fehlbesorgung besteht immer, wenn der Vollmachtnehmer gegen die Vereinbarung oder den erklärten oder mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers verstößt. Die Gefährdung ist immer anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls festzustellen. Die Güter des Vollmachtgebers müssen hierbei gefährdet sein.
Letztlich können die Angelegenheiten des Vollmachtgebers durch den Bevollmächtigten auch nur gleichermaßen besorgt werden, wenn der Vollmachtnehmer eine erhebliche Gefährdung für die Person des Vollmachtgebers sowie dessen Vermögen, entgegen den geäußerten Wünschen des Vollmachtgebers, welcher die Gefährdung aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung nicht erkennt und nicht nach dieser Einsicht handeln kann, abwendet. Solchen Wünschen dürfte ein Betreuer nach § 1821 Abs. 3 Nr. 1 BGB nicht entsprechen, etwas anderes darf auch nicht für den Vollmachtnehmer gelten. In einem solchen Fall muss der Vollmachtnehmer in der Lage sein, den mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers zu ermitteln. Die Rechtsprechung legt somit betreffend die Eignung des Vollmachtnehmers dieselben Anforderungen wie die für einen Betreuer zu Grunde.
Rz. 60
Bei der Prüfung der Redlichkeit eines Vorsorgebevollmächtigten kann diesem das Verschulden seines im Betreuung...