Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 271
Zu den Klassikern aus dem Bereich Vorsorgevollmacht gehört die Frage, inwieweit der Bevollmächtigte Schenkungen aus dem Vermögen des Vollmachtgebers an sich oder an Dritte vornehmen darf.
Haben Vollmachtgeber und Bevollmächtigter einen formwirksamen Schenkungsvertrag geschlossen, kann der Bevollmächtigte diese Schenkung mit einer entsprechenden Vollmacht unter Befreiung von § 181 BGB vollziehen. Diese Konstellation ist rechtlich unproblematisch.
Rz. 272
Oftmals liegt jedoch eine Handschenkung des Vollmachtgebers vor mit dem Hinweis, der Bevollmächtigte könne die Schenkung aufgrund der Vollmacht mit sich selbst oder gegenüber Dritten vollziehen (zum Schenkungsvollzug zu Lasten des Nachlasses durch Vollmacht siehe Rdn 110 ff.). Bei einer solchen Konstellation können auf den Beschenkten schnell Rückforderungsansprüche, beispielsweise durch die Erben des Vollmachtgebers nach Eintritt des Erbfalls, zukommen.
Rz. 273
Nach der h.M. ist es dem Bevollmächtigten grundsätzlich möglich, Schenkungen auch ohne konkrete Regelung in der Vollmacht vorzunehmen. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb bei einer Generalvollmacht für alle vermögensrechtlichen Rechtsgeschäfte unentgeltliche Geschäfte nicht umfasst sein sollten. Dies sollte zur Klarstellung ausdrücklich in die Vollmacht aufgenommen werden.
Ob daher ein Ausschluss der Schenkungsmöglichkeiten in der Generalvollmacht erfolgen soll oder nicht, hängt vom Willen und insbesondere vom Vertrauen in den Bevollmächtigten ab.
Die Frage sollte im Vorfeld mit dem Vollmachtgeber erörtert und anschließend ausdrücklich in der Vollmacht geregelt werden. In der Praxis wird teilweise eine Kompromisslösung zwischen komplettem Ausschluss (vollständiges Schenkungsverbot) und kompletter Zulassung (ausdrückliche Schenkungserlaubnis) von Schenkungen vorgeschlagen, derzufolge dem Bevollmächtigten solche Schenkungen zu gestatten sind, die auf bestimmte Vermögensgegenstände oder einen bestimmten Wert beschränkt sind. Man liest auch öfter von einer eingeschränkten Schenkungserlaubnis dahingehend, dass der Bevollmächtigte Schenkungen tätigen kann, welche auch einem Betreuer gestattet sind.
Rz. 274
Schenkungen waren dem Betreuer nach früherer Rechtslage (§§ 1908i Abs. 2, 1804 BGB a.F.) grundsätzlich untersagt. Lediglich Pflicht-, Anstands- und auch Gelegenheitsgeschenke waren erlaubt, wobei die Gerichte diese Begriffe tendenziell eng auslegten. Die zum 1.1.2023 in Kraft getretene Reform des Betreuungsrechts ermöglicht es Betreuern nunmehr grundsätzlich, Schenkungen mit Genehmigung des Betreuungsgerichts vorzunehmen, § 1854 Nr. 8 BGB. Es stellt sich daher die Frage, wie sich dies auswirkt bei Formulierungen in vor dem 1.1.2023 erteilten Vorsorgevollmachten, wonach es dem Bevollmächtigten erlaubt ist, Schenkungen im gleichen Rahmen vorzunehmen, wie dies einem Betreuer rechtlich gestattet ist. Ob es sich um eine statische Verweisung auf die Schenkungskompetenz des Betreuers nach den §§ 1908i Abs. 2 S. 1, 1804 BGB a.F. oder um eine dynamische Verweisung auf § 1854 Nr. 8 BGB n.F. handelt, ist in der bislang erschienen Literatur umstritten. Zu der Frage gibt es bisher noch keine Rechtsprechung, weshalb teilweise empfohlen wird, bei unsicherer Rechtslage vorsorglich einen Betreuer bestellen zu lassen, der für den Vollmachtgeber handelt und die nach § 1854 Nr. 8 BGB erforderliche Genehmigung einholen kann, wenn dies aussichtsreich erscheint.
Rz. 275
Da eine zu Zwecken der Vermögensverwaltung erteilte Kontovollmacht den Bevollmächtigten grundsätzlich nicht dazu berechtigt, das Vermögen des Vollmachtgebers zu verschenken, erst recht nicht, dabei selbst als Schenker aufzutreten oder sich selbst zu beschenken, spricht dieser Grundsatz gegen eine etwaige Behauptung des Bevollmächtigten, er habe im Einklang mit dem Willen des Vollmachtgebers eine Schenkung vollzogen. Bei Zweifeln an einem rechtmäßigen Schenkungsvollzug wird das Problem der Beweislastverteilung bezüglich der behaupteten Schenkung zu einer zentralen Frage.