Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 9
Die Vorsorgevollmacht berechtigt den Vorsorgebevollmächtigten zur rechtlichen Vertretung des Vollmachtgebers, verpflichtet diesen jedoch nicht zur persönlichen Betreuung. Etwas anderes gilt nur, wenn dies ausdrücklich geregelt wurde. Der Bevollmächtigte hat lediglich, vergleichbar einem Betreuer, die notwendigen tatsächlichen Hilfen zu besorgen, nicht selbst zu leisten.
I. Vollmachten für vermögensrechtliche Angelegenheiten – Postmortale und transmortale Vollmacht
Rz. 10
Originär dienen Vorsorgevollmachten der lebzeitigen Absicherung der eigenen, auch vorübergehenden, Handlungsunfähigkeit. Sinnvoll kann eine Erweiterung auch auf eine trans- und postmortale Wirkung sein, da mit der Testamentserrichtung im Weiteren nur selten alle erforderlichen Vorsorgemaßnahmen für den Todesfall getroffen sind. Die Überlastung der Gerichte und Streitigkeiten unter den Erben führen nicht selten dazu, dass über den Nachlass bis zu einem halben Jahr oder länger nach dem Erbfall nicht verfügt werden kann. Wenngleich auch die Möglichkeit besteht, per letztwillige Verfügung auch einen Testamentsvollstrecker einzusetzen, besteht dennoch ein Vakuum bis zur Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses. Die trans- oder postmortale Vollmacht kann zum einen dieses Vakuum nach dem Todesfall schließen und sodann jedoch auch weiterhin selbstständig neben der Testamentsvollstreckung stehen und dem Vollmachtnehmer eigenständige Befugnisse neben dem Testamentsvollstrecker verleihen. Sie kann die Testamentsvollstreckung ergänzen.
Rz. 11
Die Problemlösung liegt in der Erteilung entweder einer postmortalen Vollmacht, d.h. einer Vollmacht, die erst mit dem Tod wirksam wird, oder der Erweiterung des Wirkungsbereiches einer Vorsorgevollmacht mittels einer transmortalen Vollmacht über den Tod hinaus. So kann der Bevollmächtigte sofort mit Eintritt des Erbfalles handeln. Dies sichert die kontinuierliche Vermögensverwaltung bis zu der Erteilung des Erbscheins oder der Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses. Dadurch wird gewährleistet, dass Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Beerdigung vom Nachlass beglichen werden können und auch die Verwaltung von Wertpapierdepots und anderen Vermögensteilen des Erblassers effektiv weiterbetrieben werden kann.
II. Vorsorgevollmacht für persönliche Angelegenheiten
Rz. 12
Ist der Einzelne aufgrund einer psychischen Krankheit oder Behinderung oder aufgrund von Altersverwirrtheit nicht mehr in der Lage, über seine persönlichen Angelegenheiten zu entscheiden, wird ihm hierfür als gesetzlicher Vertreter ein Betreuer bestellt. Wurde vorab keine Vorsorgevollmacht verfasst, ggf. in Verbindung mit einer Patienten- und einer Betreuungsverfügung, besteht somit die Gefahr, dass zukünftig Behörden, Gerichte und Berufsbetreuer oder nicht gewünschte ehrenamtliche Betreuer anstelle eines persönlichen Vertrauten über die Lebensgestaltung des Betroffenen entscheiden.
Demgegenüber ermöglicht die Vorsorgevollmacht dem Einzelnen ein Stück Privatautonomie, indem durch die Bestimmung einer Vertrauensperson als Bevollmächtigter im Vorfeld einer etwaigen Betreuungsbedürftigkeit alle erforderlichen Angelegenheiten geregelt werden können.
Rz. 13
Zudem kommt es durch das Instrument der Vorsorgevollmacht zu einer Entlastung der Betreuungsgerichte, da die Zahl der erforderlich werdenden Betreuerbestellungen eingeschränkt wird. Dies gilt allerdings nur partiell, da der Gesetzgeber nach §§ 1829 Abs. 5 und 1831 Abs. 5 BGB das Erfordernis einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung für die hier geregelten Maßnahmen auch für den Bevollmächtigten eingeführt hat.