Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 75
Der Umfang der Vertretungsmacht richtet sich nach den Anordnungen des Vollmachtgebers. Die Vertretungsmacht kann nicht mehr Angelegenheiten als bei einer entsprechenden Betreuerbestellung umfassen.
Höchstpersönliche Rechtsgeschäfte wie bspw. Eheschließung, Testamentserrichtung, das Wahlrecht und häufig auch die Ausübung von vertraglichen Rückforderungsrechten sind auf einen Vertreter nicht übertragbar.
In der Grundstruktur sind die folgenden Vollmachtsregelungen zu unterscheiden:
1. General- und Spezialvollmacht
Rz. 76
Eine Vollmacht kann entweder für bestimmte Rechtsgeschäfte als Spezialvollmacht oder aber auch als alle Rechtsgeschäfte umfassende Generalvollmacht erteilt werden.
Lediglich im Rahmen der rechtsgeschäftlichen Vollmachten erscheint eine Einzelvollmacht, bspw. eine Kontovollmacht, sinnvoll. Wird dagegen eine Vorsorge dahingehend angestrebt, eine Betreuerbestellung zu vermeiden, erscheint allein eine Generalvollmacht hierzu geeignet. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass seitens des Betreuungsgerichts ein Betreuer bestellt wird, wenn Maßnahmen erforderlich werden, die von der Vollmacht nicht erfasst sind.
2. Doppelbevollmächtigung
Rz. 77
Im Falle der Verhinderung des Bevollmächtigten ist die Kontinuität der Versorgung des Betreuungsbedürftigen in Frage gestellt, möglicherweise wird sogar die Bestellung eines Betreuers erforderlich.
Als mögliche Lösung bietet sich für diesen Fall an, im Außenverhältnis eine Doppelvollmacht derart zu erteilen, dass beiden Vertretern dieselben Aufgaben übertragen werden. Dann können beide Bevollmächtigte jeweils unabhängig voneinander handeln. In der Vollmacht kann angeordnet werden, dass bei Meinungsverschiedenheiten die Entscheidung einem bestimmten Vertreter obliegt.
Rz. 78
Bei Erteilung einer Generalvollmacht zugunsten zweier Vertreter stellt sich die Frage, ob die Vertreter sich gegenseitig die Vollmacht entziehen können.
Dies wurde vom OLG Karlsruhe verneint mit der Begründung, das Widerrufsrecht stehe – falls die Vollmacht nichts Abweichendes bestimme – ausschließlich dem Vollmachtgeber und im Falle des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit seinem gesetzlichen Vertreter, also einem Betreuer, zu. Anderenfalls würde die der mehrfachen Bevollmächtigung immanente gegenseitige Kontrolle der Bevollmächtigten verloren gehen. Zudem würde ein Wettlauf der Bevollmächtigten entstehen, wenn derjenige, der die Vollmacht des anderen zuerst widerruft, als alleiniger Vertreter verbleiben könnte. Dies könne nicht im Sinne des Vollmachtgebers gewesen sein. Eine Befugnis zum Widerruf der Vollmacht durch einen der Bevollmächtigten lasse sich nicht einmal dann aus der Vollmacht ableiten, wenn in der Person des anderen Bevollmächtigten ein besonderer Widerrufsgrund, wie etwa eine Untreue zum Nachteil des Vollmachtgebers, vorliege.
Erhalten mehrere Personen gleichrangig die Vorsorgevollmacht, ist mangels abweichender Bestimmung keiner der beiden Bevollmächtigten berechtigt, die Vollmacht des anderen zu widerrufen.
Um diese Problematik zu vermeiden, sollte das Recht zum Widerruf der Vollmacht in der Vollmachtsurkunde bzw. im zugrunde liegenden Innenverhältnis geregelt und ggf. ausgeschlossen bzw. für bestimmte Fälle ermöglicht sein. Zum Widerruf siehe im Einzelnen Rdn 296 ff.
Rz. 79
Die Doppelvollmacht mit wechselseitiger Kontrolle im Innenverhältnis ist, soweit zwei geeignete Vertreter vorhanden sind, grundsätzlich zu empfehlen. Dabei sind die Details der Vollmachtserteilung nach dem jeweiligen Einzelfall abzustimmen. Als Grundmodell empfiehlt sich eine umfassende Bevollmächtigung beider Vertreter im Außenverhältnis, um bei Verhinderung eines Vertreters eine hinreichende Betreuung auch ohne Unterbevollmächtigung sicherzustellen. Im Innenverhältnis sollten allerdings zur Vermeidung von Konflikten die jeweiligen Zuständigkeiten geregelt sein.
Rz. 80
Dabei hat die Doppelbevollmächtigung neben dem Vorteil der Kontinuität der Vertretung des Vollmachtgebers als weiteren Vorteil die dadurch mögliche Arbeitsteilung der Bevollmächtigten sowie den der gegenseitigen Kontrolle der Vertreter. Durch ein Vier-Augen-Prinzip wird hier eine gegenseitige Überwachung gewährleistet, da jeder Bevollmächtigte die Rechte aus dem Grundverhältnis gegenüber dem anderen ausübt. Diese Gestaltung entspricht somit einer Kontrollbetreuung, ohne dass jedoch ein ggf. anonymer Kontrollbetreuer von Seiten des Betreuungsgerichts bestellt werden muss.
Rz. 81
Eine stärkere gegenseitige Überwachung wird durch eine Gesamtvollmacht ermöglicht, bei der ein Handeln der Vertreter nur gemeinsam möglich ist. Diese ist für viele Rechtsgeschäfte wenig praktikabel, da die Bevollmächtigten übermäßig gebunden sind, so dass hier letztlich die wechsel- oder einseitige Erteilung von Untervollmachten für bestimmte Rechtsgeschäfte im Einzelfall oder auch generell möglich sein sollte. Fehlt eine solche Öffnungsklausel und sind die Bevollmächtigten zu einer Kooperation nicht willens oder in der Lage, ist eine wirksame gemeinschaftliche Vertretung ni...