Isabelle Losch, Gabriela Hack
1. Post- und transmortale Vollmacht
Rz. 89
Die post- und transmortale Vollmacht ermöglicht es dem Bevollmächtigten, auch nach dem Versterben des Vollmachtgebers unabhängig von Ermittlung und Willen der Erben und unabhängig von der Vorlage eines Erbscheins oder eines Testaments mit Eröffnungsvermerk rechtsgeschäftlich tätig zu werden. Aufgrund von ihm geschlossener Verträge scheiden Nachlassgegenstände aus dem Nachlass aus, während die Gegenleistungen in den Nachlass fallen. Darüber hinaus kann der Bevollmächtigte im Rahmen der ihm erteilten Vollmacht über Nachlassgegenstände auch unentgeltlich verfügen. Der Bevollmächtigte kann mithin alle Rechtsgeschäfte vornehmen, wie ursprünglich der Erblasser in eigener Person.
Die Wirkungen des rechtsgeschäftlichen Handelns des Bevollmächtigten treten jedoch nicht mehr in der Person des Erblassers, sondern des bzw. der Erben ein.
Eine namentliche Bezeichnung der Erben ist dabei nicht erforderlich.
Die Vollmacht kann sowohl zu Lebzeiten als Rechtsgeschäft unter Lebenden erteilt werden als auch im Rahmen letztwilliger Verfügungen von Todes wegen, wobei letzterer Fall problematisch ist, da die Übergangsfunktion der Vollmacht bis zum Zugang der Willenserklärung nicht gewährleistet ist.
Bei seinem rechtsgeschäftlichen Handeln bedarf der Bevollmächtigte auch dann, wenn zu den Erben Minderjährige gehören, nicht der Genehmigung des Familiengerichts, selbst wenn dies bei eigenem Handeln der Erben erforderlich wäre.
Die postmortale und die transmortale Vollmacht beziehen sich nur auf den Nachlass und erstrecken sich nicht auf das Privatvermögen des Erben, da insoweit nur der Erbe selbst wirksam Vollmacht erteilen kann.
Rz. 90
Umstritten ist die Frage, ob die Vollmacht durch Konfusion (Vereinigung von Schuldner- und Gläubigerstellung in einer Person) erlischt, wenn der Bevollmächtigte den Erblasser allein beerbt hat. Diese Frage wirkt sich vor allem im Grundbuchverfahren aus und wird separat unter Rdn 132 ff. behandelt.
2. Sonderfall: Post- und transmortale Kontovollmacht
Rz. 91
Grundsätzlich hat die Bank, wenn von einer post- oder transmortalen Kontovollmacht Gebrauch gemacht wird, die ihr erteilten Weisungen unverzüglich und vorbehaltlos zu erfüllen, und zwar unabhängig davon, ob zugleich eine bankeigene Vollmacht vorliegt oder nicht. Insbesondere ist die Bank nicht berechtigt oder verpflichtet, die Zustimmung des Erben abzuwarten oder durch Zuwarten den Widerruf der Vollmacht zu ermöglichen. Bei einer zögerlichen Ausführung oder gar Verweigerung läuft die Bank Gefahr, sich schadensersatzpflichtig zu machen.
Rz. 92
Zur Überprüfung der Echtheit der Vollmachtsurkunde ist die Bank jedoch berechtigt – wenn nicht sogar verpflichtet –, die Vorlage der Originalvollmacht zu verlangen, insbesondere dann, wenn die Vorlage im Text der Vollmachtsurkunde vorgesehen ist.
Ist die Verfügungsbefugnis des Bevollmächtigten nicht bereits im Vollmachtsformular geregelt und lässt sich daher eine Einschränkung nicht erkennen, so ist der Umfang der Vertretungsmacht durch Auslegung zu ermitteln.
Rz. 93
Im Grundsatz anerkannt ist, dass die Verfügungsbefugnis nur die üblichen Kontovorgänge umfasst. Bei verständiger Auslegung einer Vollmacht kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese auch zu einer Kontoauflösung oder Umwandlung in ein Einzelkonto berechtigt.
Eine Ausnahme kann jedoch bei gegenseitiger Bevollmächtigung von Ehegatten bestehen, wenn beide Mitinhaber eines Oder-Kontos mit beiderseitiger Verfügungsbefugnis sind. Hier kann der Zweck der Bevollmächtigung auch darin liegen, dass der Bevollmächtigte nach dem Tod des anderen Kontoinhabers abgesichert sein soll und umgehend über das Guthaben verfügen kann. In so einem Fall ist eine transmortale Vollmacht zwischen Eheleuten dahin auszulegen, dass der überlebende Teil zu seiner Absicherung berechtigt ist, ein gemeinsames Konto, zu welchem er die Alleinzeichnungsbefugnis besitzt (Oder-Konto), in ein Einzelkonto umzuwandeln.
Es muss jedoch eine Schenkung auf den Todesfall gemäß § 2301 BGB vorliegen, wenn bereits mit Einräumung der Mitverfügungsbefugnis das erforderliche lebzeitige Vermögensopfer erfolgt, so dass für die Schenkung bei Ei...