Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 223
Bei Erteilung der entsprechenden Bescheinigung nach § 1358 Abs. 4 BGB wird eine Vertretung durch den Ehegatten ermöglicht, obwohl weder eine entsprechende Vorsorgevollmacht noch eine Patientenverfügung vorliegt oder eine Betreuung eingerichtet worden ist.
1. Entscheidungsbefugnis über Untersuchungen, Behandlungen und ärztliche Eingriffe (§ 1358 Abs. 1 Nr. 1 BGB)
Rz. 224
Der vertretende Ehegatte kann gemäß § 1358 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Gesundheitsuntersuchungen, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligen bzw. die Maßnahmen untersagen und die ärztliche Aufklärung entgegennehmen.
Vom Vertretungsrecht erfasst werden sollen nicht nur Entscheidungen betreffend die Erkrankung, aufgrund derer das Vertretungsrecht eingeräumt worden ist, sondern auch betreffend solche Erkrankungen, deren Behandlung aus medizinischer Sicht notwendig und unaufschiebbar ist. Der Gesetzgeber schränkte dies jedoch ein, so dass lediglich erstmals diagnostizierte Erkrankungen hiervon erfasst werden. Laut Kurze ist dies aber kritisch zu betrachten.
Rz. 225
Unzulässig ist eine Vertretung, die nicht dem Willen des vertretenen Ehegatten entspricht, so dass in diesen Fällen die Bestellung eines Betreuers unumgänglich ist. In eilbedürftigen Fällen sollte der Arzt nicht entgegen dem von ihm vermuteten mutmaßlichen Willen des vertretenen Ehegatten handeln.
2. Ärztliche Aufklärungspflicht (§ 1358 Abs. 1 Nr. 1 BGB)
Rz. 226
Die Aufklärungspflicht gemäß §§ 630d, 630e BGB gegenüber dem vertretenen Ehegatten besteht auch gegenüber dem vertretenden Ehegatten (§ 1358 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Sobald der vertretene Ehegatte seine Angelegenheiten jedoch wieder besorgen kann, müssen die Ärzte umgehend mit ihm selbst sprechen.
Ein Verzicht auf die ärztliche Aufklärung ist durch den vertretenen Ehegatten gemäß § 630e Abs. 3 BGB möglich, durch seinen Vertreter jedoch nicht.
3. Vertragsabschlüsse (§ 1358 Abs. 1 Nr. 2 BGB)
Rz. 227
Der vertretende Ehegatte kann gemäß § 1358 Abs. 1 Nr. 2 BGB Behandlungsverträge (§ 630a BGB), Krankenhausverträge oder Verträge über eilige Maßnahmen der Rehabilitation und der Pflege abschließen und durchsetzen. Bei Maßnahmen der Rehabilitation und Pflege wird jedoch Eilbedürftigkeit gefordert, so dass hierunter tatsächlich nur die ersten Rehabilitationsmaßnahmen fallen. Für weitere umfassende Rehabilitationsmaßnahmen ist die Anordnung einer Betreuung durch das Betreuungsgericht erforderlich.
Rz. 228
Zu den Verträgen, die der vertretende Ehegatte abschließen darf, soll nicht der Heimvertrag zählen. Dies wird damit begründet, dass das Ehegattenvertretungsrecht keine Befugnisse betreffend die Aufenthaltsbestimmung und Wohnungsangelegenheiten gibt.
4. Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen (§ 1358 Abs. 1 Nr. 3 BGB)
Rz. 229
Der vertretende Ehegatte darf gemäß § 1358 Abs. 1 Nr. 3 BGB Maßnahmen, welche die Freiheit des vertretenen Ehegatten durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise einschränken (§ 1831 Abs. 4 BGB), zustimmen, wobei die Genehmigung des Betreuungsgerichts einzuholen ist.
Die Zustimmung zu einer Unterbringung gemäß § 1831 Abs. 1 BGB oder zu ärztlichen Zwangsmaßnahmen gemäß § 1832 BGB ist nicht möglich.
Rz. 230
Für die Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßnahme ist immer eine richterliche Genehmigung notwendig. Das AG Schmallenberg entschied, dass in Fällen, in denen der vertretende Ehegatte kurzfristig nicht erreichbar ist, sich der vertretene Ehegatte in einem Delir befindet und eine Eigengefährdung besteht, seitens des Gerichts eine einstweilige Anordnung gemäß § 1867 BGB zu treffen sei, auch bei einer Vertretung gemäß § 1358 BGB.
Das Gericht begründet dies damit, dass der vertretende Ehegatte über Maßnahmen gemäß § 1831 Abs. 4 BGB entscheiden kann und die entsprechenden Anträge beim Betreuungsgericht stellen muss. Aufgrund dessen und des Hauptgedankens der Vorschrift ergebe sich eine Anwendbarkeit des § 1867 BGB, auch wenn § 1358 Abs. 6 BGB ausdrücklich auf diesen nicht verweist. Durch ...