Isabelle Losch, Gabriela Hack
1. Rechtliche Grundlagen
Rz. 150
Ein Bevollmächtigter kann für alle Angelegenheiten der Personensorge bestellt werden, die bei fehlender Vollmacht durch einen zu bestellenden Betreuer besorgt werden müssten. Somit kann grundsätzlich ein Vertreter für alle Aufgabenbereiche bestellt werden, für die auch eine Betreuung möglich ist. Die Entscheidung des Bevollmächtigten ist dabei verbindlich.
Hinsichtlich der Feststellung und Durchsetzung des in der Patientenverfügung formulierten Willens der vertretenen Person sowie der bestehenden Genehmigungserfordernisse ist ein Bevollmächtigter einem Betreuer gleichgestellt, vgl. §§ 1827 Abs. 6, 1828 Abs. 3, 1829 Abs. 5, 1831 Abs. 5, 1832 Abs. 5 BGB.
Rz. 151
Ist eine Person selbst noch entscheidungsfähig, kommt eine Stellvertretung durch Vollmacht im persönlichen Bereich nicht in Betracht. Die Vollmacht hat in diesem Fall noch keine Bedeutung, weil der Vollmachtgeber jeder einzelnen beeinträchtigenden Maßnahme widersprechen kann und sein Widerspruch vor der Entscheidung des Bevollmächtigten Vorrang hat. Das Bedürfnis für eine Stellvertretung besteht nur für den Fall, dass der Vollmachtgeber zu einer eigenen Entscheidung nicht mehr in der Lage ist. Erst dann kann und soll der Bevollmächtigte im Rahmen einer Personensorge im engeren Sinn tätig werden.
Die Bestellung eines Betreuers ist erst zu dem Zeitpunkt möglich, zu dem der Betroffene in der gegenwärtigen Lebenssituation seine Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen kann. Entsprechendes gilt für den Vorsorgebevollmächtigten.
Rz. 152
Eine exakte Differenzierung zwischen Befugnissen für den vermögensrechtlichen und für den persönlichen Bereich wird vielfach nicht möglich sein. Dies liegt insbesondere an den vielen Mischangelegenheiten, die beide Bereiche umschließen. So betrifft etwa der Abschluss eines Behandlungsvertrags sowohl die Person des Vollmachtgebers als auch dessen Vermögen.
Rz. 153
Sofern eine Maßnahme nach §§ 1829, 1831 oder 1832 BGB der gerichtlichen Genehmigung bedarf, findet gegen eine Entscheidung des Betreuungsgerichts – sowohl gegen die Erteilung als auch gegen die Versagung einer Genehmigung – das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG statt. Das Recht des Vorsorgebevollmächtigten, im Namen des Betroffenen Beschwerde einzulegen, ergibt sich aus § 303 Abs. 4 FamFG.
2. Entscheidungen über ärztliche Maßnahmen nach § 1829 BGB
Rz. 154
Nach § 630d Abs. 1 S. 1 BGB muss vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme der Behandelnde die Einwilligung des Patienten einholen. Ist dieser einwilligungsunfähig, ist die Einwilligung des hierzu Berechtigten einzuholen, § 630d Abs. 1 S. 2 BGB. Berechtigter kann der Bevollmächtigte sein. Dieser kann entscheiden, ob Untersuchungen des Gesundheitszustands des Vollmachtgebers, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe an diesem vorgenommen werden sollen oder nicht.
Rz. 155
Die Vollmachtsurkunde muss gemäß § 1829 Abs. 5 BGB schriftlich erteilt sein und die Maßnahmen nach § 1829 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB ausdrücklich umfassen.
Rz. 156
Aus der Vollmacht muss sich ergeben, dass sich die Entscheidungskompetenz des Bevollmächtigten auf die im Gesetz genannten ärztlichen Maßnahmen sowie darauf bezieht, sie zu unterlassen oder am Betroffenen vornehmen zu lassen. Hierzu muss aus der Vollmacht auch deutlich werden, dass die jeweilige Entscheidung mit der begründeten Gefahr des Todes oder eines schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schadens verbunden sein kann (sog. qualifizierte Gefahrensituation).
Praxistipp
Die §§ 1829, 1831, 1832 BGB setzen für eine Einwilligung des Bevollmächtigten voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die jeweilige Maßnahme ausdrücklich umfasst. Um dies sicherzustellen, ist bei der Gestaltung der Vollmacht die wörtliche Übernahme der Gesetzestexte zu empfehlen.
Rz. 157
Zu beachten ist, dass trotz einer wirksamen Bevollmächtigung die Genehmigung des Betreuungsgerichts einzuholen ist, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Vollmachtgeber aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet, vgl. § 1829 Abs. 1 und 2 BGB. Im Gegensatz zu Abs. 1 muss die Maßnahme bei Abs. 2 medizinisch angezeigt sein.
Rz. 158
Solche gefährlichen Maßnahmen können, abhängig vom Allgemeinzustand des Patienten, sein:
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Untersuchungen, wie z.B. Bronchoskopie, Herzkatheterisierung, ERC (P); |
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operative Behandlungsmaßnahmen, wie z.B. Herzoperationen, Transplantationen, neurochirurgische Eingriffe und alle großen chirurgischen Eingriffe in den unterschiedlichen chirurgischen Fachgebieten; |
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nichtoperative Behandlungsmaßnahmen, wie z.B. Chemotherapie, Dauerbehand... |