Isabelle Losch, Gabriela Hack
Rz. 306
Der Vollmachtgeber überwacht zunächst selbst die ordnungsgemäße Ausübung der Vollmacht. Erst wenn er hierzu nicht mehr in der Lage ist und eine Überwachung erforderlich wird, ist ein Kontroll- oder Vollmachtsüberwachungsbetreuer gem. § 1820 Abs. 3 BGB zur Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten zu bestellen.
Vormals war die sog. Kontrollbetreuung lediglich in § 1896 Abs. 3 BGB a.F. als besonderer Aufgabenkreis des Betreuers normiert. § 1820 Abs. 3 BGB regelt seit dem 1.1.2023 die Voraussetzungen für die Bestellung eines Kontrollbetreuers.
Rz. 307
Mit der Kontrollbetreuung kann im Fall einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht für eine Kontrolle des Bevollmächtigten gesorgt werden, wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen und ggf. die Vollmacht zu widerrufen (subjektives Tatbestandsmerkmal), und aufgrund konkreter Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass der Bevollmächtigte die Angelegenheiten des Vollmachtgebers nicht entsprechend der Vereinbarung oder dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers besorgt (objektives Tatbestandsmerkmal).
Rz. 308
Gegen den freien Willen des Betreuten darf ein Kontrollbetreuer nicht bestellt werden (Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen).
Die Bestellung eines Kontrollbetreuers ist dem Richter vorbehalten, § 15 Abs. 1 Nr. 1 RPflG i.V.m. § 1820 Abs. 3 BGB.
Rz. 309
Voraussetzung für die Bestellung eines Kontrollbetreuers ist zunächst die Feststellung, dass eine Vollmacht wirksam erteilt war und dass sie nicht wieder, z.B. durch Widerruf, erloschen ist.
Liegen dann konkrete Verdachtsmomente vor, die darauf hindeuten, dass der Bevollmächtigte mit seinem Verhalten bewusst zum Nachteil des Vertretenen handelt, kann nach § 1820 Abs. 3 BGB für den dann vorliegenden Fall des konkreten Überwachungsbedarfs ein Kontrollbetreuer durch das Betreuungsgericht bestellt werden.
Rz. 310
Die Bestellung eines Kontrollbetreuers ist nur zulässig, wenn die Kontrolle erforderlich ist. Die Voraussetzungen der Erforderlichkeit ergeben sich aus § 1820 Abs. 3 BGB. Die Erforderlichkeit (vgl. § 3 Rdn 29 ff.) kann nicht allein damit begründet werden, dass der Vollmachtgeber aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr selbst in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen, da eine Vorsorgevollmacht eine gerichtlich angeordnete Betreuung gerade verhindern soll. Daher müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer Kontrollbetreuung erforderlich machen. Notwendig ist der konkrete, d.h. durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird.
Rz. 311
Der BGH fordert für eine Kontrollbetreuung, dass "nach den üblichen Maßstäben aus Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil Anzeichen dafür sprechen, dass der Bevollmächtigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert ist, oder wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen. Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und im Interesse des Vollmachtgebers handelt (…)." Im Mittelpunkt stehen mithin Zweifel an der Redlichkeit des Bevollmächtigten sowie dessen Überforderung. Ein Missbrauch oder ein entsprechender Verdacht ist nicht zwingend erforderlich.
Der BGH betont, dass gegen den freien Willen des Bevollmächtigten keine Kontrollbetreuung eingerichtet werden kann.
Eine Kontrollbetreuung ist nicht erforderlich, wenn der Betroffene seinen beiden Kindern jeweils eine uneingeschränkte (Vorsorge-)Vollmacht mit Alleinvertretungsbefugnis erteilt und beide von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit hat. Nach dem BGH rechtfertigt die mit der Befreiung des Bevollmächtigten von den Beschränkungen des § 181 BGB verbundene abstrakte Gefahr nicht die Anordnung einer Kontrollbetreuung. Dies gilt selbst dann, wenn der Bevollmächtigte mit sich selbst einen Grundstückskaufvertrag schließt.
Rz. 312
Dem Kontrollbetreuer obliegt gem. § 1820 Abs. 3 BGB als Aufgabenkreis die Wahrnehmung der Interessen des Vollmachtgebers gegenüber seinem Bevollmächtigten. Er kann Auskunft und Rechnungslegung verlangen, das zur Auftragsführung Erlangte herausverlangen, Rückforderungs- bzw. Schadensersatzansprüche geltend machen, Weisungsrechte und Entscheidungen über das Abweichen vom Auftrag ausüben und – sofern es ausdrücklich zu seinem Aufgabenkreis gehört – den Widerruf der Vollmacht erklären. Aufgaben und Befugnisse des Kontrollbetreuers ergeben sich aus dem ihm vom Betreuungsgericht übertragenen Aufgabenkreis, innerhalb dessen er den Vollmachtgeber gemäß § 1823 BGB gerich...