I. Allgemeines
Rz. 43
Neben dem Interesse des Übergebers, sich für den Alters- und Pflegefall durch eine Verpflichtung zur häuslichen Pflege durch den Übernehmer abzusichern, ist Motiv der Vereinbarung einer entsprechenden Verpflichtung im Rahmen der lebzeitigen Immobilienübergabe regelmäßig, den entgeltlichen Teil der Zuwendung zu erhöhen. Auf diese Weise können Pflichtteilsergänzungsansprüche i.S.d. § 2325 BGB, Ansprüche aus §§ 2287 f. BGB und Wertersatzansprüche nach § 528 BGB reduziert werden. Gerade bei einer lebzeitigen Übertragung von Immobilienvermögen zur Pflichtteilsreduzierung kann nämlich beispielsweise ein (wirtschaftlich notwendiger) Nießbrauchsvorbehalt zugunsten des Überlassenden geboten sein, der dem Anlauf der Abschmelzung i.S.d. § 2325 Abs. 3 BGB im Wege steht. Gleiches gilt bei Schenkungen an Ehegatten i.S.d. § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB. Denkbar ist auch, dass eine Abschmelzung aufgrund des hohen Alters eines Schenkers und/oder Krankheit kaum zu erwarten ist. Die Verpflichtung zu Wart und Pflege des zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (noch) nicht pflegebedürftigen Übertragenden kann zivilrechtlich in Abzug gebracht werden, selbst wenn der Pflegefall später nicht eintritt.
II. Schenkungsteuer
Rz. 44
Die Wart- und Pflegeverpflichtung ist schenkungsteuerlich anders zu beurteilen als etwa der Nießbrauch. Der Nießbrauch wirkt sofort steuerlich erwerbsmindernd. Die Wart- und Pflegeverpflichtung, sofern zum Zeitpunkt der Überlassung noch keine Pflegebedürftigkeit besteht, hingegen nicht. Da die Verpflichtung zur Pflege erst im Bedarfsfall eintritt, handelt es sich um eine aufschiebend bedingte Last, die nach § 6 Abs. 1 BewG vor Eintritt der Bedingung nicht zu berücksichtigen ist. Tritt der Pflegefall zu einem späteren Zeitpunkt ein und wird die Pflegeverpflichtung erbracht, wird diese dann erst im Zuge der Schenkungsbesteuerung berücksichtigt, nicht schon bei Schenkung.
Rz. 45
Die Pflegeleistungen sind mit ihrem Kapitalwert im Zeitpunkt des Eintritts des Pflegefalles zu bewerten. Dieser ist auf den Zeitpunkt der Zuwendung i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG abzuzinsen. Eine Begrenzung auf das 18,6-fache des Jahreswerts gem. § 16 BewG findet – anders als bei Nutzungen – nicht statt.
III. Einkommensteuer
Rz. 46
Regelmäßig findet sich in den Mustern zur Wart- und Pflegevereinbarung die Zuteilung von an den Pflegebedürftigen ausgezahltem Pflegegeld i.S.d. § 37 Abs. 1 SGB XI an den Übernehmer. Grundsätzlich handelt es sich dabei um einkommensteuerpflichtige Einkünfte, für die allerdings gem. § 3 Nr. 36 EStG eine Steuerbefreiung gilt.