I. Allgemeines
Rz. 164
Nach dem BFH bestimmt sich der Gegenstand einer unentgeltlichen Zuwendung ausschließlich nach dem Zivilrecht, wobei der Wille der Parteien für dessen Bestimmung maßgeblich ist. Die Finanzverwaltung konkretisiert diesen Grundsatz dahingehend, dass die Schenkung von Geld zum Erwerb eines Grundstücks oder zur Errichtung eines Gebäudes als Schenkung von Grundbesitz anzusehen sein kann, wenn dem Bedachten nach dem erkennbaren Willen des Zuwendenden im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung ein bestimmtes Grundstück oder Gebäude verschafft werden soll (mittelbare Grundstücksschenkung).
Rz. 165
Liegt eine mittelbare Grundstücksschenkung vor, ist für die Schenkungsteuer der Wert des Grundbesitzes und nicht der Nominalwert des hingegebenen Geldes maßgeblich. Die steuerlichen Werte von Grundvermögen lagen bis zum 31.12.2008 regelmäßig deutlich unter den Verkehrswerten, so dass durch den Ansatz des niedrigeren Steuerwerts statt des nominalen Werts der Geldschenkung Steuervorteile erzielt werden konnten. Da die Besteuerung bei Grundvermögen seit der Erbschaftsteuerreform 2009 auf den gemeinen Wert (Verkehrswert) abzielt (siehe § 8 Rdn 17>), hat die mittelbare Grundstücksschenkung als "Steuersparmodell" in der Praxis an Bedeutung verloren. Gleichwohl bleibt die mittelbare Grundstücksschenkung in manchen Konstellationen (siehe Rdn 166 ff.>) weiterhin interessant.
II. Anwendungsfälle
1. Sachliche Steuerbefreiungen
Rz. 166
Die mittelbare Grundstücksschenkung spielt weiterhin in Bezug auf die Steuerbefreiung der lebzeitigen Zuwendung des (Mit-)Eigentums des Familienheims unter Ehegatten gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG (siehe § 6 Rdn 4 ff.>) eine Rolle. Wird dem Ehegatten Geld zum Kauf eines Familienheims zugewendet, greift – sofern die Voraussetzungen der mittelbaren Grundstücksschenkung vorliegen – die Steuerbefreiung, obwohl Gegenstand der Schenkung nicht das (Mit-)Eigentum an der Immobilie ist.
Hinweis
Der Erwerb des Familienheims durch nur einen Ehegatten und anschließende (z.B. hälftige) Zuwendung auf den anderen würde zwar keine Schenkungsteuer, aber zusätzliche Notar- und Grundbuchkosten auslösen.
Rz. 167
Daneben greifen die Grundsätze der mittelbaren Schenkung auch bei der Hingabe von Geld zum Erwerb eines zu Wohnzwecken vermieteten Grundstücks. Unter den Voraussetzungen des § 13d ErbStG wird dessen Wert im Rahmen der Schenkungsbesteuerung nur mit 90 % angesetzt (siehe § 6 Rdn 58 ff.>).
2. Abzugsfähigkeit der Kosten im Zusammenhang mit der Schenkung
Rz. 168
Bedeutung hat die mittelbare Grundstücksschenkung auch bei der steuerlichen Behandlung von Kosten im Zusammenhang mit der Schenkung (siehe Rdn 195 ff.>). Obwohl beim Schenkenden (nur) Geld abfließt, sind vom Beschenkten getragene Erwerbsnebenkosten (insbesondere Notar- und Grundbuchkosten) und die Kosten für die Erstellung der Schenkungsteuererklärung auch bei der mittelbaren Grundstücksschenkung abzugsfähig.
3. Zeitpunkt der Steuerentstehung
Rz. 169
Bei einer Schenkung entsteht die Steuer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG grundsätzlich mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Bei Grundstücksschenkungen mithin regelmäßig mit Auflassung i.S.d. § 925 BGB und Eintragungsbewilligung i.S.d. § 19 GBO (siehe § 9 Rdn 18>). Dies gilt auch für mittelbare Grundstücksschenkungen.
Rz. 170
Bei der Schenkung von Geld zur Errichtung eines Gebäudes ist die mittelbare Grundstücksschenkung im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit des Gebäudes ausgeführt. Dazu müssen insbesondere alle wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sein, wobei geringfügige Restarbeiten, die üblicherweise vor dem tatsächlichen Bezug durchgeführt werden (z.B. Malerarbeiten, Verlegen des Bodenbelags), die Bezugsfertigkeit nicht ausschließen. Die Frage der Bezugsfertigkeit und damit letztlich der Entstehung der Steuer kann etwa für die Bestimmung des Freibetrags (siehe § 5 Rdn 1>) und die Berücksichtigung früherer Erwerbe gem. § 14 ErbStG (siehe § 7 Rdn 1 ff.>) von Bedeutung sein.
4. Voraussetzung der Anerkennung der mittelbaren Grundstücksschenkung
Rz. 171
Nach Ansicht der Finanzverwaltung setzt eine mittelbare Grundstücksschenkung voraus, dass dem Bedachten nach dem erkennbaren Willen des Zuwendenden im Zeitpunkt der Ausführung der Geldschenkung ein bestimmtes (siehe Rdn 175>) Grundstück oder Gebäude verschafft werden soll. Wesentlich ist, dass der Geldbetrag vom Schenker (bereits) bis zu dem Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks oder des Beginns der Baumaßnahme zugesagt sein muss. Hierzu reicht – entgegen den Formerfordernissen des § 518 Abs. 1 BGB – eine privatschriftliche Vereinbarung aus.
Hinweis
Die Übernahme durch den Schenker kann auch nachträglich – nicht jedoch nach Bezahlung des Kaufpreises oder der Herstellungskosten durch den Schenker – erfolgen, w...