Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 26
Das bedeutet, dass für die Familie im Fallbeispiel 1 zunächst einmal zu prüfen ist, in welchem Umfang die pflegebedürftige Ehefrau und Mutter als berücksichtigungsfähige Angehörige mit Leistungen aus
rechnen kann.
Rz. 27
In der Bundesrepublik Deutschland muss nach § 193 Abs. 3 VVG jeder krankenversichert und – akzessorisch hierzu – auch pflegeversichert sein. Beamte sind nicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung (SGB XI), sondern in der Regel privatversichert. Es gelten die Musterbedingungen für die Private Pflegepflichtversicherung (MB/PPV), und dort speziell:
Zitat
Tarifstufe PVB für versicherte Personen mit Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge bei Pflegebedürftigkeit
Versicherungsfähig sind Personen, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Pflegebedürftigkeit Anspruch auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Die Tarifleistungen betragen gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB XI i.V.m. § 46 Abs. 2 und 3 Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) für
1. Beihilfeberechtigte 50 Prozent,
2. Personen nach Nr. 1 mit zwei oder mehr berücksichtigungsfähigen Kindern 30 Prozent,
3. Empfängerinnen und Empfänger von Versorgungsbezügen mit Ausnahme der Waisen und für entpflichtete Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer, denen nach § 46 Abs. 3 Satz 6 BBhV ein Beihilfebemessungssatz von 70 Prozent zusteht, 30 Prozent,
4. bei der Beihilfe berücksichtigungsfähige Ehegattinnen und Ehegatten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner und beihilfeberechtigte Witwen und Witwer 30 Prozent,
5. …
der in Tarifstufe PVN nach den Nummern 1–14 vorgesehenen Beträge.
Bei der Beihilfe berücksichtigungsfähige Ehegatten erhalten nach Nr. 4 also 30 Prozent der jeweiligen Leistungen entsprechend dem jeweiligen Pflegegrad.
Rz. 28
Wer berücksichtigungsfähige Person i.S.d. BBhV ist, ergibt sich aus § 4 BBhV.
§ 4 BBhV
(1) Ehegattinnen, Ehegatten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner von beihilfeberechtigten Personen sind berücksichtigungsfähig, wenn der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte (§ 2 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 5a des Einkommensteuergesetzes) oder vergleichbarer ausländischer Einkünfte im zweiten Kalenderjahr vor Beantragung der Beihilfe 17.000 EUR nicht übersteigt. Wird dieser Gesamtbetrag der Einkünfte im laufenden Kalenderjahr nicht erreicht, sind Ehegattinnen, Ehegatten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner unter dem Vorbehalt des Widerrufs bereits im laufenden Jahr berücksichtigungsfähig. …
Rz. 29
Der Gesamtbetrag der Einkünfte i.S.d. § 4 BBhV ist die Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 2 EStG) vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Abs. 3 EStG. Einkünfte sind die Einkünfte aus den sieben Einkunftsarten nach § 2 Abs. 1 EStG.
Gewinneinkünfte = (§§ 4–7k und 13a EStG) |
Überschusseinkünfte = Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 8–9a EStG) |
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§§ 13 f. EStG) |
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG) |
Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG) |
Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 ff. EStG) |
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) |
|
Sonstige Einkünfte (§ 22 EStG) |
= Summe der Einkünfte |
abzgl. Altersentlastungsbetrag |
abzgl. Entlastungsbetrag Alleinerziehende |
= Gesamtbetrag der Einkünfte |
Rz. 30
Bei den Gewinneinkunftsarten wird der Gewinn nach § 4 EStG definiert. Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können z.B. als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen (§ 4 Abs. 3 EStG). Die Einzelheiten regeln die §§ 4a–7i EStG und die jeweilige Einkunftsart.
Rz. 31
Die Überschusseinkunftsarten werden aus dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (nach den §§ 8–9a EStG) errechnet. Einnahmen sind nach § 8 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4–7 EStG zufließen. Von den Einnahmen werden sämtliche damit in Zusammenhang stehenden Werbungskosten abgezogen. Werbungskosten werden in § 9 EStG definiert.
Rz. 32
Im Fallbeispiel 1 liegt der Gesamtbetrag der Einkünfte der Pflegebedürftigen auf jeden Fall unter der 17.000 EUR-Grenze des § 4 BBhV. Die Freigrenze wird nicht bundeseinheitlich bestimmt. Ggf. muss also die Freigrenze individuell für den jeweiligen Einzelfall ermittelt werden.