Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 33
Für die vollstationäre Unterbringung hat ein nach SGB XI versicherter Pflegebedürftiger einen Anspruch auf Pflegegeld nach § 43 SGB XI:
Pflegegrad |
Monatlicher Betrag |
1 |
125 EUR |
2 |
770 EUR |
3 |
1.262 EUR |
4 |
1.775 EUR |
5 |
2.005 EUR |
Rz. 34
Für einen privat versicherten Pflegebedürftigen gilt I § 4 D MB/PPV. Aus der privaten Pflegeversicherung werden für die Pflegekosten einer stationären Versorgung im Pflegegrad 3 im Fallbeispiel 1 monatlich 378,60 EUR gezahlt. Der Rest bis zur Höhe von 1.262 EUR für den Pflegegrad 3 wird aus der Beihilfe gezahlt. Da die Heimkosten im Fallbeispiel 1 bei 3.800 EUR monatlich liegen, verbleiben also ungedeckte Heimpflegekosten in Höhe von 2.538 EUR.
Hinweis
Durch die Pflegereform 2021 (Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – GVWG) wird ab 1.1.2022 ein Zuschuss zum Eigenanteil des Pflegbedürftigen eingeführt, der bis zum 4. Jahr seit Heimaufnahme jährlich steigt (bis zu 70 % des Eigenanteils an den Pflegekosten). Damit wird sich auch die nachfolgende Berechnung erneut ändern.
Rz. 35
Sodann muss der monatliche Mindestbehalt des Beamten und seiner berücksichtigungsfähigen Angehörigen ermittelt werden:
Für wen nach § 39 Abs. 2 BBhV? |
Mindestbehalt 2020 (Bsp.: Bundesbeamte) |
▪ |
jeden Beihilfeberechtigten |
▪ |
jeden berücksichtigungsfähigen Angehörigen |
▪ |
jeden Ehegatten und jeden Lebenspartner mit Anspruch auf Beihilfe nach § 39 Abs. 1 BBhV oder Leistungen nach § 43 SGB XI (= im Pflegeheim) |
|
453,69 EUR |
▪ |
einen Beihilfeberechtigten |
▪ |
einen Ehepartner/Lebenspartner ohne Anspruch auf Beihilfe nach § 39 Abs. 1 BBhV oder Leistungen nach § 43 SGB XI (= zu Hause) |
|
1.701,32 EUR |
zusätzlich für den Beihilfeberechtigten |
3 % des Grundgehalts der letzten Besoldungsgruppe (individuell zu ermitteln), hier angenommen A9 Endstufe (Stand 1.3.2020) |
Rz. 36
Der Mindestbehalt für den nicht im Heim lebenden Beihilfeberechtigten beträgt (Stand 2020 für einen Bundesbeamten) 1.701,32 EUR zzgl. des individuellen Betrages aus 3 % des Grundgehaltes der letzten Besoldungsgruppe (hier 86,94 EUR bei angenommener Besoldung nach A9). Für die berücksichtigungsfähige Ehefrau, die beihilfeberechtigt ist, ergibt sich ein Mindestbehalt von 453,69 EUR. Der Mindestbehalt für die Ehegatten zusammen beträgt also 2.241,95 EUR, so dass sich folgende Berechnung ergibt:
Rechnung Fallbeispiel 1 |
|
Heimkosten |
3.800 EUR |
Abzug der Leistungen nach § 39 Abs. 1 BBhV und der Pflegeversicherung |
– 1.262 EUR |
ungedeckte Aufwendungen |
2.538 EUR |
Einnahmen der Ehegatten nach § 39 Abs. 3 BBhV |
2.684,00 EUR |
Mindestbehalt |
2.241,95 EUR |
selbst zu tragender Anteil |
442,05 EUR |
zusätzlich zu gewährende Beihilfe |
2.095,95 EUR |
Rz. 37
Bei diesem Ergebnis ist ferner zu berücksichtigen, dass der Vater keine Aufwendungen für eine Mietwohnung hat. Der selbstgenutzte Wohnwert (aus seinem Nießbrauch) zählt nicht zu seinen Einkünften i.S.v. § 39 Abs. 3 Nr. 4 BBhV i.V.m. § 2 Abs. 3 EStG. Das in die Berechnung einzustellende Eigeneinkommen wird also nicht erhöht.
Rz. 38
Eine Erhöhung des Eigeneinkommens erfolgt auch nicht dadurch, dass er ein Nießbrauchrecht an der Wohnung der Tochter hat und von dieser kein Nutzungsentgelt fordert. Dazu ist er nicht verpflichtet, und eine fiktive Anrechnung von Einkünften gibt es im Steuerrecht, das bestimmt, was beihilferechtlich Einkommen ist, nicht. Unterlässt der Berechtigte es, den Nießbrauch zu Geld zu machen, erfolgt nach der sog. Konsumgutlösung seit 1987 steuerlich keine Einkunftszurechnung mehr (§ 21 EStG).
Vermögen wird generell nicht zur Berechnung des Eigenanteils herangezogen.
Rz. 39
Fallbeispiel 1 zeigt, dass die Familie aufgrund der geltenden Beihilfevorschriften die Pflegeheimkosten der pflegebedürftigen Mutter tragen kann, ohne Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu müssen oder auch nur zu können. Dazu ist der Mindestbehalt der Ehegatten viel zu hoch, selbst wenn davon noch die Kosten der privaten Krankenversicherung für beide Ehegatten finanziert werden müssen. Er liegt deutlich oberhalb dessen, was dem Ehemann bliebe, wenn die Ehefrau Sozialhilfe beziehen müsste.