Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 40
Fallbeispiel 2: Der pflegebedürftige Pensionär
Der an einer Demenz erkrankte und pensionierte Lehrer des Landes NRW ist heimpflegebedürftig im Pflegegrad 3. Seine Pension beläuft sich auf monatlich 3.346,33 EUR. Die Heimpflegekosten setzen sich zusammen aus:
Pflegekosten |
1.817,29 EUR |
Vergütungszuschlag |
117,00 EUR |
Unterkunfts-, Verpflegungs- und Investitionskosten |
1.561,76 EUR |
Gesamtheimkosten (1.934,29 EUR Pflegekosten und 1.561,76 EUR für Unterkunfts-/Verpflegungs-/Investitionskosten) |
3.496,05 EUR |
Wie kann er seine Heimkosten bezahlen?
Rz. 41
Einem beihilfeberechtigten pensionierten Beamten steht nach § 5d BVO NRW bei notwendiger vollstationärer Pflege Beihilfe zu für:
▪ |
pflegebedingte Aufwendungen einschließlich der Aufwendungen für Betreuung und |
▪ |
Aufwendungen für medizinische Behandlungspflege, sofern hierzu nicht nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 BVO NRW Beihilfe gezahlt wird. |
Der Bemessungssatz nach § 12 BVO NRW beträgt für den Beamten 70 %. Der Rest kommt aus der privaten Pflegeversicherung mit 30 % aus der Leistung des jeweiligen Pflegegrades:
▪ |
770 EUR für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2, |
▪ |
1.262 EUR für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3, |
▪ |
1.775 EUR für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4, |
▪ |
2.005 EUR für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5. |
Im vorliegenden Fall beträgt die bewilligte Beihilfe für die Pflegekosten 1.354 EUR (70 % von 1.934,29 EUR beihilfefähige Pflegekosten).
Rz. 42
Nach § 5 Abs. 2 BVO NRW werden Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung (ohne Zusatzleistungen nach § 88 SGB XI) einschließlich der Investitionskosten (§ 82 Abs. 3 SGB XI) als Beihilfe gezahlt, soweit sie folgende Eigenanteile übersteigen:
1. |
bei Beihilfeberechtigten mit
a) |
einem Angehörigen 30 %, |
b) |
mehreren Angehörigen 25 % |
des um 600 EUR – bei Empfängern von Versorgungsbezügen um 450 EUR – verminderten Einkommens oder |
2. |
bei Beihilfeberechtigten ohne Angehörige sowie bei gleichzeitiger stationärer Pflege des Beihilfeberechtigten und aller Angehörigen 50 % des um 400 EUR verminderten Einkommens. |
Als Einkommen gelten in NRW die monatlichen (Brutto-)Dienstbezüge (ohne sonstige variable Bezügebestandteile) oder Versorgungsbezüge, das Erwerbseinkommen sowie Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus einer Alters- oder Hinterbliebenenversorgung des Beihilfeberechtigten.
Angehörige i.S.d. § 5d BVO NRW sind nur der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner sowie die Kinder, die nach § 2 BVO NRW zu berücksichtigen oder nur deshalb nicht zu berücksichtigen sind, weil sie selbst beihilfeberechtigt sind. Wird zu den Aufwendungen für die Pflege eines Angehörigen eine Beihilfe gezahlt, sind dem Einkommen des Beihilfeberechtigten das Erwerbseinkommen, die Versorgungsbezüge sowie die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus einer Alters- oder Hinterbliebenenversorgung des Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners hinzuzurechnen.
Rz. 43
Das Eigeneinkommen des Beihilfeberechtigten im Fallbeispiel 2 wird also um 450 EUR auf 2.896,33 EUR gemindert. Darauf werden 30 % als Eigenanteil angerechnet, also 868,90 EUR. Diese werden auf die Unterkunfts-, Verpflegungs- und Investitionskosten angerechnet, so dass eine weitere Beihilfe für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten in Höhe von 692,86 EUR zu zahlen ist. Der Beamte im Fallbeispiel 2 hat also einen Anspruch auf
Beihilfe Pflegekosten |
1.354,00 EUR |
Beihilfe Unterkunft, Verpflegung, Investitionskosten |
692,86 EUR |
Gesamtbeihilfe |
2.046,86 EUR |
30 % werden aus der Leistung des jeweiligen Pflegegrades für die Heimunterbringung zusätzlich gezahlt, so dass bei einer beamtenrechtlichen Versorgung in Höhe von 3.346,33 EUR pro Monat keine Sozialhilfebedürftigkeit wegen Pflegebedürftigkeit entstehen wird. Vermögen findet keine Anrechnung, so dass nur eine Vielzahl von Verbindlichkeiten außerhalb der Pflegebedürftigkeit (Darlehen etc.) dazu führen können, dass die Beihilfeleistung monatlich nicht ausreichend ist.
Rz. 44
Ergebnis: Beihilfe wegen Pflegebedürftigkeit
Nach den Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder und Kommunen, der Rechtsprechung des BVerwG und der Obergerichte führt Pflegebedürftigkeit nicht regelhaft in die Sozialhilfe. Beihilfeberechtigten Beamten und – mangels ausreichenden Einkommens – ihren ebenfalls beihilfeberechtigten Angehörigen verbleibt ein relativ hoher Mindestbehalt, der ein Leben oberhalb des Sozialhilfeniveaus möglich macht.
Verbleibt nach Anwendung aller Beihilfevorschriften zur Alimentation des Beamten und seiner berücksichtigungsfähigen Angehörigen ein ungedeckter Betrag bzw. bleibt ihnen nicht mehr genügend für den allgemeinen Lebensunterhalt übrig, ist zu prüfen, ob weitere Beihilfe zusteht. Das ist aber nicht der Fall, wenn der Beamte keine Eigenvorsorge geleistet hat. Diese darf ihm aber nur zugerechnet werden, wenn ihm diese Eigenvorsorge tatsächlich möglich und zumutbar war.