a) Allgemeines
Rz. 102
Bei der Gestaltung von Übergabeverträgen steht die Versorgung des Übergebers durch den Übernehmer häufig im Vordergrund. Durch die Vereinbarung von Gegenleistungen, die die Versorgung des Übergebers sicherstellen sollen, wird der Wert der Übergabeleistung in aller Regel reduziert. Allerdings ist nicht jede Gegenleistung des Übernehmers geeignet, den Übergabewert herabzusetzen, um die häufig unerwünschten Folgen des unentgeltlichen Erwerbs, wie beispielsweise das Rückforderungsrecht des Schenkers im Falle seiner Verarmung, zu umgehen. Eine solche Minderung können jedoch Leistungen erreichen, die demselben Interesse wie der Rückforderungsgrund des § 528 BGB dienen, so z.B. die Verhinderung des Notbedarfs des Schenkers. So kann also ein Pflichtteilsverzicht des Übernehmers den Wert der Zuwendung nicht mindern, während z.B. Dienst- und Pflegeleistungen dazu im Stande sind. Solche Gegenleistungen sind, schon zum Zwecke des Nachweises, in der notariellen Urkunde mitaufzunehmen, um sicherzustellen, dass eine Reduzierung tatsächlich durchsetzbar, die Motivation der Gegenleistung sichtbar wird.
Rz. 103
Dennoch wird es für die Parteien des Übergabevertrags häufig schwer bleiben, den tatsächlichen Wert des Übergabegegenstands und der Gegenleistung zu bestimmen, um definitiv zu überblicken, ob dem Vertrag ein unentgeltliches Element innewohnt. Es ist daher u.U. anzuraten, den Wert von Betrieben, landwirtschaftlichen Anwesen und auch bloßen Grundstücken vorab durch einen Gutachter schätzen zu lassen, um eine abschließende Willensbildung im Hinblick auf die Entgeltlichkeit, Unentgeltlichkeit oder vor allem Teilentgeltlichkeit zu erreichen. Gerade bei der Entwicklung von Vermeidungsstrategien, d.h. bei der gestalterischen Vorsorge zur Vermeidung der Inanspruchnahme des Übernehmers aufgrund der Vorschriften der §§ 2325, 2329, 2287, 2288 BGB, ist es häufig unabdingbar, von einer sicheren Werteinschätzung des Übergabeobjekts auszugehen, um durch die gezielte Vereinbarung von (entgeltlichen) Gegenleistungen wie Rente, Abstands-/Gleichstellungsgeld, Pflege, Dienstleistungen sowie Nutzungsvorbehalten den Übergabewert zu reduzieren.
b) Bezeichnung als "Schenkung"
Rz. 104
Man sollte sich davor hüten, vorschnell eine Übergabe als "Schenkung" zu bezeichnen. Zwar kann die Bezeichnung als solche grundsätzlich an den Wertverhältnissen nichts ändern. Jedoch kann in Grenz- und Zweifelsfällen u.U. allein die Bezeichnung Indizcharakter haben und möglicherweise die Einordnung des Rechtsgeschäfts entscheidend beeinflussen, so dass beispielsweise dem Sozialhilfeträger die Argumentation für eine Überleitung von Ansprüchen geradezu in die Hand gespielt wird. Denn mit einer ungeschickten Formulierung dürfte zumindest eine Beweislastumkehr verbunden sein.
Im Übrigen wird auch häufig übersehen, dass mit einer Immobilienübertragung weitere begleitende Schenkungen verbunden sein können. Darunter fallen parallele Zuwendungen an weichende Geschwister oder auch Zuwendungen an den Ehegatten (Zuwendungswohnungsrecht, Zuwendungsnießbrauch).
Rz. 105
Dies gilt nach der Rechtsprechung des BayObLG ganz besonders für bäuerliche Hofübergaben. Hier ist nämlich per se mit der Annahme einer Schenkung Zurückhaltung geboten. Entschieden wurde dies für die Fälle des Schenkungswiderrufs wegen groben Undanks, der nur dann in Betracht kommen soll, wenn unter Berücksichtigung des von den Vertragsteilen gewollten Zwecks bei einem Vergleich des Werts des übergebenen Anwesens mit dem Wert der Gegenleistungen das Merkmal der Unentgeltlichkeit "überwiegt".
c) Bezeichnung als "Ausstattung"
Rz. 106
Bei der Ausstattung handelt es sich um eine objektiv unentgeltliche Zuwendung. Nach dem Wortlaut des § 1624 Abs. 1 BGB ist eine Ausstattung immer dann Schenkung, soweit sie das den Umständen, insbesondere den Vermögensverhältnissen der Eltern, entsprechende Maß übersteigt. Die Ausstattung dient sowohl der Existenzgründung als auch der Existenzsicherung des Abkömmlings bzw. der Abkömmlinge. Weiteres Kennzeichen, dass eine Ausstattung vorliegt, ist die Tatsache, dass die Verheiratung oder die Erlangung einer selbstständigen Lebensstellung in Aussicht steht. Im Übrigen muss die Zuwendung in Ausstattungsabsicht erfolgen. Handelt es sich um eine Übermaßausstattung und damit eine Schenkung, hat dies zur Folge, dass sie gem. § 528 BGB zurückgefordert werden kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei jeder Übermaßausstattung zwingend eine Schenkung vorliegt; vielmehr müssen die allgemeinen Voraussetzungen für eine Schenkung in objektiver und subjektiver Hinsicht vorliegen.
Bei der Ausstattung handelt es sich um einen Ausdruck gesetzlich...