Rz. 193
& Übertragung (siehe auch Rdn 139 f., 169, 170)
Auch hier sollte sorgfältig überdacht werden, ob die Übertragung an den Abkömmling als vorweggenommene Erbfolge, damit als dem Schenkungsrecht in Gänze unterstellt, oder als Ausstattung oder ggf. gesplittet in Ausstattung und Übermaß beurkundet werden sollte.
Nochmals sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung der Zuwendung deren wahren rechtlichen Charakter sowie die hieran geknüpften Rechtsfolgen nicht ändern kann. Die Bezeichnung des Vertrags führt lediglich zu einer Art Beweislastumkehr mit der Folge, dass derjenige, der behauptet, in Wahrheit liege eine "andere" Zuwendung als die bezeichnete vor, dies zu beweisen hat.
Rz. 194
& Ausgleichungspflicht (siehe auch Rdn 156–164, 169, 185)
Die Vorschriften über die Ausgleichung sind nicht zwingender Natur; insoweit ist eine abweichende Anordnung des Erblassers grundsätzlich mit Ausnahme der Regelung in § 2316 Abs. 3 BGB möglich. Der Erblasser kann zum einen die Ausgleichung gänzlich ausschließen, es ist allerdings auch ein nur teilweiser oder bedingter Ausschluss möglich. Ferner kann er die Ausgleichung zu einem niedrigeren Wert als dem tatsächlichen festsetzen.
Mit der Modifikation der Ausgleichsvorschriften weicht der Erblasser von dem gesetzlich vorgesehenen Modell der Gleichbehandlung aller Abkömmlinge, die regelmäßig als Wunsch des Erblassers vermutet wird, ab.
Rz. 195
& Pflichtteilsverzicht des Übernehmers/gegenständlich beschränkter Pflichtteilsverzicht weiterer Abkömmlinge (siehe auch Rdn 184, 217)
Bei der Zuwendung an einen Abkömmling ist immer auch dessen späteres Erb- und Pflichtteilsrecht sowie dasjenige der von der Zuwendung nicht betroffenen anderen Abkömmlinge im Auge zu behalten. Der vereinbarte Pflichtteilsverzicht des Übernehmers gibt den Übergebern die Möglichkeit, über ihr Restvermögen letztwillige Verfügungen treffen zu können, ohne dass hierbei Pflichtteilsrechte des Übernehmers zukünftig tangiert werden. Desgleichen sind die Übergeber bzw. ist der Längstlebende von ihnen in der Lage, weitere lebzeitige Verfügungen zugunsten der übrigen Abkömmlinge zu treffen, ohne dass mit der Geltendmachung späterer Pflichtteilsergänzungsansprüche durch den Übernehmer zu rechnen ist.
Der vorstehende Pflichtteilsverzicht ist demgemäß also ein empfehlenswertes Mittel zur Planung der Vermögensnachfolge. Im Übrigen dienen derartige Regelungen auch der Vermeidung späterer Streitigkeiten.
Es empfiehlt sich im Übrigen, sofern möglich, die von der Zuwendung nicht betroffenen Abkömmlinge am Vertragsschluss dergestalt zu beteiligen, dass diese, zumindest gegenständlich beschränkt auf die Zuwendung an den Übernehmer auf die Geltendmachung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen für sich und ihre Abkömmlinge am Nachlass beider übergebender Elternteile, und zwar gegenüber den Übergebern, verzichten (gegenständlich beschränkter Pflichtteilsverzicht, vgl. § 2346 Abs. 2 BGB). Der Pflichtteilsverzicht kann demgemäß, wie auch der Erbverzicht, beschränkt werden. Beschränkungen sind u.a. wie folgt möglich:
a) |
Der Verzicht bezieht sich lediglich auf bestimmte Gegenstände; hier ist eine weitere Beschränkung dahin gehend möglich, dass Wertgrenzen oder Bewertungsmaßstäbe festgelegt werden. |
b) |
Der Verzicht bezieht sich auf den Pflichtteilsrestanspruch (§ 2305 BGB). |
c) |
Der Verzicht bezieht sich auf Pflichtteilsergänzungsansprüche (§ 2325 BGB). |
Der Verzicht kann auch einen etwaigen Ausgleichspflichtteil gem. § 2316 BGB erfassen, der sich aus der Zuwendung ergeben könnte. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Ausgleichungspflicht gem. §§ 2050 ff. BGB eine sehr häufig nicht gewollte Fernwirkung hat. Aufgrund des Ausgleichungspflichtteils gem. § 2316 BGB erhöht sich der Pflichtteil der anderen Abkömmlinge. Dies ist gerade dann nicht gewollt, wenn einer der Geschwister oder mehrere einen beschränkten Pflichtteilsverzicht nicht abgeben. Die Pflichtteilsgesamtbelastung vermehrt sich zwar nicht, es kommt aber zu einer Verschiebung zwischen den Pflichtteilsberechtigten, und zwar zugunsten des Geschwisterteils, der nicht bereit ist, auf sein Pflichtteilsrecht zu verzichten. Der Pflichtteilsverzicht bedarf der notariellen Beurkundung. Hierbei ist die persönliche Anwesenheit des Erblassers erforderlich. Vertretung ist demgemäß ausgeschlossen.
Eine Schenkung bleibt bei der Pflichtteilsergänzung gem. § 2325 Abs. 3 BGB dann unberücksichtigt, wenn im Zeitpunkt des Erbfalls zehn Jahre seit dem Zeitpunkt der Zuwendung vergangen sind. Gemäß § 2325 Abs. 3 BGB hat jedoch eine gestaffelte Berücksichtigung zu erfolgen. Innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall ist die Schenkung in vollem Umfange zu berücksichtigen, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall wird diese um jeweils 1/10 weniger berücksichtigt. Handelt es sich um eine Schenkung an den Ehegatten bzw. den gleichgeschlechtlichen Lebenspartner, beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe bzw. der Lebenspartnerschaft. W...