Rz. 102

Bei der Gestaltung von Übergabeverträgen steht die Versorgung des Übergebers durch den Übernehmer häufig im Vordergrund. Durch die Vereinbarung von Gegenleistungen, die die Versorgung des Übergebers sicherstellen sollen, wird der Wert der Übergabeleistung in aller Regel reduziert.[264] Allerdings ist nicht jede Gegenleistung des Übernehmers geeignet, den Übergabewert herabzusetzen, um die häufig unerwünschten Folgen des unentgeltlichen Erwerbs, wie beispielsweise das Rückforderungsrecht des Schenkers im Falle seiner Verarmung, zu umgehen. Eine solche Minderung können jedoch Leistungen erreichen, die demselben Interesse wie der Rückforderungsgrund des § 528 BGB dienen, so z.B. die Verhinderung des Notbedarfs des Schenkers.[265] So kann also ein Pflichtteilsverzicht des Übernehmers den Wert der Zuwendung nicht mindern, während z.B. Dienst- und Pflegeleistungen dazu im Stande sind.[266] Solche Gegenleistungen sind, schon zum Zwecke des Nachweises, in der notariellen Urkunde mitaufzunehmen, um sicherzustellen, dass eine Reduzierung tatsächlich durchsetzbar, die Motivation der Gegenleistung sichtbar wird.

 

Rz. 103

Dennoch wird es für die Parteien des Übergabevertrags häufig schwer bleiben, den tatsächlichen Wert des Übergabegegenstands und der Gegenleistung zu bestimmen, um definitiv zu überblicken, ob dem Vertrag ein unentgeltliches Element innewohnt. Es ist daher u.U. anzuraten, den Wert von Betrieben, landwirtschaftlichen Anwesen und auch bloßen Grundstücken vorab durch einen Gutachter schätzen zu lassen, um eine abschließende Willensbildung im Hinblick auf die Entgeltlichkeit, Unentgeltlichkeit oder vor allem Teilentgeltlichkeit zu erreichen. Gerade bei der Entwicklung von Vermeidungsstrategien, d.h. bei der gestalterischen Vorsorge zur Vermeidung der Inanspruchnahme des Übernehmers aufgrund der Vorschriften der §§ 2325, 2329, 2287, 2288 BGB, ist es häufig unabdingbar, von einer sicheren Werteinschätzung des Übergabeobjekts auszugehen, um durch die gezielte Vereinbarung von (entgeltlichen) Gegenleistungen wie Rente, Abstands-/Gleichstellungsgeld, Pflege, Dienstleistungen sowie Nutzungsvorbehalten den Übergabewert zu reduzieren.

[264] Bei der Schenkung unter Auflage vertritt eine Meinung in der Literatur, dass sich die Auflage nicht wertmindernd auswirkt, Staudinger/Olshausen (2015), § 2325 Rn 18 m.w.N.
[265] Van de Loo/Krug, in: Kerscher/Krug/Spanke, § 7 Rn 713; J. Mayer, DNotZ 1996, 604, 616.
[266] LG Münster NJW 1984, 1188, 1189.

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