Rz. 191

Das zum 1.4.1998 in Kraft getretene Erbrechtsgleichstellungsgesetz (ErbGleichG) vom 16.12.1997 sowie das zum 29.5.2009 rückwirkend in Kraft gesetzte "Zweites Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder" vom 11.4.2011 haben dazu geführt, dass grundsätzlich auch nichtehelichen Kindern nunmehr ein "volles" gesetzliches Erbrecht am Nachlass ihres Vaters und ihrer väterlichen Verwandten zusteht.[185] Das alte Recht gilt lediglich dann weiter, wenn der Erblasser vor dem 1.4.1998 verstorben ist oder über den vorzeitigen Erbausgleich eine wirksame Vereinbarung getroffen oder der Erbausgleich durch rechtskräftiges Urteil zuerkannt worden ist. Dies ist bei der Frage der Erb- und Pflichtteilsberechtigung nichtehelicher Kinder vorab zu prüfen.

 

Rz. 192

Bei dem Anspruch auf den vorzeitigen Erbausgleich handelte es sich um ein Abfindungsverlangen des nichtehelichen Kindes gegenüber seinem Vater. Das nichteheliche Kind "verzichtete" gegen eine Abfindungszahlung in Höhe des dreifachen Jahresunterhalts aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre (§ 1934d Abs. 2 BGB a.F.) auf das ihm zustehende Erb- und Pflichtteilsrecht.

Der vorzeitige Erbausgleich war eine dem Erbverzicht ähnliche Regelung und bedurfte deshalb der notariellen Beurkundung gemäß § 1934d Abs. 4 S. 1 BGB a.F.

 

Rz. 193

Die Wirkung des vorzeitigen Erbausgleichs geht weiter als der Erbverzicht, da er nicht nur das nichteheliche Kind und dessen Abkömmlinge von der Erbfolge nach den väterlichen Verwandten ausschließt, sondern auch umgekehrt den Vater und dessen Verwandten von der Erbfolge nach dem nichtehelichen Kind.

War der Vater nicht freiwillig bereit, dem Ausgleichsverlangen nachzukommen, konnte das nichteheliche Kind Leistungsklage erheben.[186]

 

Hinweis

Wurde auf vorzeitigen Erbausgleich geklagt und erging bis zum 31.3.1998 kein rechtskräftiges Urteil, so konnte hierüber nicht mehr entschieden werden, weil ab 1.4.1998 neues Recht galt (Art. 227 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB).

[185] Rauscher, ZEV 1998, 41.
[186] BGHZ 96, 262.

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