Rz. 213
Für nichteheliche Kinder gilt seit 1.4.1998 neues Recht: Sie haben volles Erbrecht an Vater und Mutter. Mit der Kindschaftsrechtsreform zum 1.7.1998 hat das BGB die sprachliche Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern aufgegeben. Es kommt jetzt lediglich darauf an, ob die Eltern eines Kindes miteinander verheiratet sind oder nicht.
Das BGB folgt dem römisch-rechtlichen Satz
Zitat
"Mater semper certa, pater semper (!) incertus."
aa) Die Mutterschaft
Rz. 214
Das BGB kennt eine Definition der Mutterschaft:
Zitat
"Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.", § 1591 BGB.
Maßgebend ist der Vorgang der Geburt. Es kommt also nicht auf die genetische Abstammung, bspw. auf die Herkunft der befruchteten Eizelle an. Eine Anfechtung der Mutterschaft ist ausgeschlossen.
Die Befruchtungstechnologie bringt es allerdings mit sich, dass bei einer – in Deutschland nicht zulässigen – Ei- und Embryonenspende die Frau, die das Kind zur Welt bringt, nicht die genetische Mutter ist. Aus Gründen der im Abstammungsrecht notwendigen Statusklarheit ist auch hier die Gebärende als Mutter anzusehen.
Nach der jetzigen Rechtslage ist eine Korrektur zwischen genetischer und rechtlicher Mutterschaft nicht möglich.
Eine Korrektur kommt lediglich bei Verwechslung der Kinder in der Klinik oder bei einer Kindesunterschiebung in Betracht; dies könnte in einem Kindschaftsverfahren nach § 169 FamFG geklärt werden.
Das deutsche Recht kennt kein Mutterschaftsanerkenntnis, wohl aber manche ausländische Rechtsordnungen.
bb) Die Vaterschaft
(1) Keine Unterscheidung zwischen ehelicher und nichtehelicher Vaterschaft
Rz. 215
Seit 1.7.1998 wird nicht mehr unterschieden zwischen ehelicher Vaterschaft und nichtehelicher Vaterschaft.
In §§ 1592, 1593 BGB ist jetzt einheitlich geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein Mann als Vater eines Kindes angesehen wird.
Die Regeln zur Vaterschaftsfeststellung sind zweigeteilt und unterscheiden danach, ob dieser im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist – dann gelten §§ 1592 Nr. 1, 1593 BGB. Besteht keine Ehe mit der Mutter, gelten §§ 1592 Nr. 2 und 3; 1594–1598, 1600d, 1600e BGB.
Das Gesetz verwendet eine neue Terminologie: Der Begriff Ehelichkeitsanfechtung ist beseitigt, jetzt wird einheitlich die Bezeichnung "Vaterschaftsanfechtung" verwandt.
(2) Definition der Vaterschaft
Rz. 216
Vater eines Kindes ist der Mann, der entweder
▪ |
im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist |
▪ |
die Vaterschaft anerkannt hat oder |
▪ |
dessen Vaterschaft nach § 1600d BGB gerichtlich festgestellt ist. |
Das Gesetz folgt einer Vermutung, dass bei einer bestehenden Ehe eine große Wahrscheinlichkeit für die Vaterschaft des Ehemannes spricht.
Das bedeutet aber auch: Ein Kind, das nach der Scheidung der Elternehe geboren wird, wird nicht mehr dem Ehemann als Vater zugerechnet.
(3) Erbrechtliche Wirkungen
Rz. 217
Die erbrechtlichen Wirkungen zwischen nichtehelichem Kind und Vater treten (mit Wirkung auf den Erbfall) erst nach Vaterschaftsanerkenntnis oder rechtskräftiger Vaterschaftsfeststellung ein (§§ 1594, 1600d Abs. 4 BGB).
(4) Tod des Vaters vor der Vaterschaftsfeststellung
Rz. 218
War beim Tod des Vaters bereits eine Klage zur Feststellung der Vaterschaft rechtshängig, so tritt Erledigung des Rechtsstreites gem. §§ 169, 131 FamFG ein.
Das Abstammungsverfahren ist ein FG-Verfahren gem. §§ 169 ff. FamFG.
Eine Vaterschaftsfeststellungsklage und eine Klage auf Zahlung des (Unterhalts-)Regelbetrags können schon vor der Geburt des Kindes erhoben werden.
Ein Nachlassauseinandersetzungsverbot bezüglich des Nachlasses des Vaters ist in § 2043 BGB nicht vorgesehen. Ob eine analoge Anwendung in Betracht kommt, ist streitig. Allenfalls könnte im Rahmen von § 242 BGB die Geltendmachung des Auseinandersetzungsanspruchs aus § 2042 BGB für eine gewisse Zeit ausgeschlossen sein.
(5) Aufhebung einer Vaterschaftsfeststellungsentscheidung
Rz. 219
Die Abänderungsmöglichkeit einer Vaterschaftsfeststellungsentscheidung ist in § 185 FamFG geregelt. Damit soll ermöglicht werden, neue wissenschaftliche Erkenntnisse noch nach Abschluss des Erst-Prozesses verwerten zu können.
Es entspricht dem Grundgesetz, wenn die Gerichte die Verwertung heimlich eingeholter genetischer Abstammungsgutachten wegen Verletzung des von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Rechts des betroffenen Kindes auf informationelle Selbstbestimmung als Beweismittel ablehnen.
Ein Feststellungsantrag bezüglich des Bestehens oder Nichtbestehens des elterlichen Sorgerechts ist zulässig.