a) Grundlagen
Rz. 192
Mit dem Ende der Verwalterstellung – egal ob aufgrund eines regulären Verwalterwechsels, einer vorzeitigen Abberufung, Amtsniederlegung oder aus sonstigen Gründen – treffen den ausgeschiedenen Verwalter Abwicklungspflichten gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft. Er muss der Gemeinschaft nach den Vorschriften des Auftragsrechts (§§ 675, 667 BGB) sämtliche Verwaltungsunterlagen, die nicht bestimmungsgemäß verbrauchten Vorschüsse sowie sonstige für Rechnung der Gemeinschaft erlangten Gelder herausgeben. Wenn die Herausgabe unterbleibt, ist der neue Verwalter zu rechtlichen Schritten gegen den Vorverwalter gezwungen und ohne weiteres berechtigt. Die erforderliche Vertretungsmacht steht ihm gem. § 9b Abs. 1 WEG zu. Seine interne Geschäftsführungsbefugnis ergibt sich aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG, weil die Maßnahmen zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind. Für gerichtliche Schritte gegen den Ex-Verwalter ist gem. § 43 Abs. 2 Nr. 3, § 23 Nr. 2c GVG das Amtsgericht zuständig.
b) Herausgabe (Zahlung) von Geld
Rz. 193
Die Gemeinschaft trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Ex-Verwalter herausverlangtes Geld erlangt hat. Wird die Herausgabe des Geldes ohne vorangegangene Rechnungslegung verlangt, kann sich die Darlegung schwierig gestalten, außer wenn die Erstattung bestimmter Ausgaben verlangt wird. Gegenüber dem Herausgabeverlangen ist es Sache des Ex-Verwalters, im Einzelnen darzulegen und zu beweisen, dass das Geld, das sich einmal auf dem Gemeinschaftskonto befand, bestimmungsgemäß und berechtigt verbraucht worden ist. Den Nachweis des bestimmungsgemäßen Verbrauchs kann der Ex-Verwalter nicht führen, wenn er gegen seine Buchführungspflichten verstoßen hat und nicht für jede Ausgabe/Buchung einen schriftlichen Beleg als Nachweis des Geschäftsvorfalls vorlegen kann, dem sich nachvollziehbar der Bezug zu der betroffenen Wohnanlage sowie die Höhe der jeweiligen Forderung entnehmen lässt. Dann muss er das erlangte bzw. ausgegebene Geld komplett erstatten, selbst wenn es (nachweislich) für Zwecke der Gemeinschaft verwendet wurde (→ § 10 Rdn 283).
c) Herausgabe von Verwaltungsunterlagen
Rz. 194
Die herauszugebenden Gegenstände und Unterlagen muss der Ex-Verwalter an seinem Geschäftssitz zur Abholung bereithalten. Es handelt sich um eine Holschuld der Gemeinschaft. Die nachfolgende Liste dient der Orientierung, welche Unterlagen der Verwalter normalerweise herauszugeben hat.
Rz. 195
Checkliste Verwaltungsunterlagen
▪ |
Eigentümerliste |
▪ |
Verwaltervollmacht |
▪ |
Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung, Kaufverträge, Aufteilungspläne |
▪ |
Bauunterlagen, also: Bauverträge, Leistungsbeschreibungen, Baugenehmigung, Baupläne, Revisionspläne (insbes. für Heizung und Elektro), Betriebs- und Bedienungsanleitungen, Schriftverkehr zu Gewährleistungsfällen usw. Der Ex-Verwalter muss selbstredend nur solche Unterlagen herausgeben, die ihm selbst vorlagen. Exkurs zur Herausgabe von Bauunterlagen durch den Bauträger: Dieser muss gem. § 650n Abs. 2 BGB diejenigen Unterlagen erstellen und herausgeben, die benötigt werden, um gegenüber Behörden den Nachweis führen zu können, dass die Leistung unter Einhaltung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ausgeführt worden ist, also bspw. die Baugenehmigung, den Energieausweis, ggf. einen Kanaldichtigkeitsnachweis usw. Nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) sind ferner Bedienungsanleitungen, Schließkarte und Schließplan herauszugeben. |
▪ |
Wartungsverträge (Heizung, Dach und dgl.) |
▪ |
Einzelne Schlüssel, ggf. Generalschlüssel; bei Schließanlagen: Schließplan und Schließkarte |
▪ |
Versicherungsverträge und Versicherungspolicen |
▪ |
Hausmeistervertrag nebst Anstellungsunterlagen (Lohnsteuerkarte, Versicherungsnachweise, Urlaubsscheine) |
▪ |
Protokolle der Eigentümerversammlungen nebst Einberufungsschreiben |
▪ |
Beschluss-Sammlung |
▪ |
Gerichtsentscheidungen, an denen die Eigentümergemeinschaft beteiligt war, sowie die Unterlagen anhängiger Verfahren |
▪ |
Jahresgesamt- und Einzelabrechnungen, Gesamt- und Einzelwirtschaftspläne |
▪ |
Bankkontoauszüge |
▪ |
Buchungsunterlagen, insbes. Ausgabenbelege (Rechnungen) |
▪ |
EDV-Dateien mit dem Inhalt der v.g. Unterlagen |
Rz. 196
Der neue Verwalter ist für seine Tätigkeit auf die Verwaltungsunterlagen angewiesen. Die häufige Praxis, wonach der Ex-Verwalter die Gemeinschaft nach Ablauf seiner Bestellzeit erst einmal wochenlang hinhält, um die Unterlagen zusammenzustellen, muss eine Gemeinschaft nicht hinnehmen. Die Angelegenheit ist dringlich, sodass dem Ex-Verwalter vorprozessual nur eine kurze Frist gesetzt werden muss. Erfolgt die Herausgabe alsdann nicht freiwillig, kann die Gemeinschaft sie gerichtlich geltend machen. Die für eine Herausgabeklage erforderliche Bezeichnung der "Verwaltungsunterlagen" ist allerdings problematisch, da die Gemeinschaft bzw. der neue Verwalter davon im Normalfall keine genaue Kenntnis haben. Aber es wird auch vertreten, da...