Rz. 319
Der Gesetzgeber vertritt mit der h.M. die Auffassung, dass eine (passive) Einzelvertretungsbefugnis jedes Wohnungseigentümers besteht: "Ist eine Willenserklärung gegenüber der verwalterlosen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer abzugeben, so genügt nach allgemeinen Grundsätzen die Abgabe gegenüber einem [ergänze: einzigen, beliebigen] Wohnungseigentümer".[444] Für die Zustellung einer Klage soll das Gleiche gelten.[445] Diese Auffassung überzeugt nicht. Die Ergebnisse sind untragbar, und der Wertungswiderspruch zur Gesamtvertretung bei der Aktivvertretung ist offenkundig: Bei der aktiven Vertretung einer verwalterlosen Gemeinschaft müssen alle (!) Miteigentümer mitwirken, bei der passiven Vertretung hingegen soll die Mitwirkung eines einzigen Wohnungseigentümers genügen; das ergibt keinen Sinn.[446]
Rz. 320
Nach h.M soll der betreffende Wohnungseigentümer, dem gegenüber eine Willenserklärung für die Gemeinschaft abgegeben wurde, zur Information seiner Miteigentümer verpflichtet sein, widrigenfalls er sich gem. § 280 Abs. 1 BGB (wegen Verletzung der aus der Treuepflicht abzuleitenden Informationspflicht) der Gemeinschaft gegenüber schadenersatzpflichtig mache.[447] Zwar ist das Postulat einer solchen Informationspflicht aus Praktikabilitätsgesichtspunkten fast unvermeidlich, aber jegliche damit zusammenhängenden Fragen müssen als offen bezeichnet werden. Hier erscheint das Gesetz unzulänglich.
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