Rz. 78
Wirksam wird das Urteil (Ungültigerklärung des Bestellungsbeschlusses) gem. § 23 Abs. 4 S. 2 WEG erst mit dem Eintritt der Rechtskraft. Der Zeitraum von der Bestellung bis zu einer rechtskräftigen gerichtlichen Ungültigerklärung kann sich aber über Monate und Jahre hinziehen. Somit kann ein ungeeigneter Verwalter trotz der Anfechtung des Bestellungsbeschlusses unter Umständen jahrelang im Amt bleiben. Das muss ein Anfechtungskläger nicht hinnehmen. Die Möglichkeit einer Suspendierung des Bestellungsbeschlusses im Wege der einstweiligen Verfügung gem. §§ 935, 940 ZPO ist zu Recht anerkannt, denn für den Bestellungsbeschluss kann insoweit nichts anderes als für sonstige Beschlüsse gelten (→ § 2 Rdn 61). Die im Verfahren der einstweiligen Verfügung erlassene Entscheidung wird – im Gegensatz zu einem Urteil im Hauptsacheverfahren – mit ihrer Verkündung (und nicht erst mit Eintritt der Rechtskraft) wirksam. Ob ein Wohnungseigentümer, der gegen den Bestellungsbeschluss Anfechtungsklage erhoben hat, ergänzend einstweiligen Rechtsschutz beantragt, ist vor allem eine Kostenfrage, denn das einstweilige-Verfügungs-Verfahren stellt (auch) gebührenrechtlich eine eigene Angelegenheit dar.
Rz. 79
Muster 10.8: Einstweilige Verfügung: Entziehung der Verwalterstellung
Muster 10.8: Einstweilige Verfügung: Entziehung der Verwalterstellung
[Rubrum → § 13 Rdn 56]
beantrage ich namens der Antragsteller gem. § 940 ZPO den Erlass folgender einstweiliger Verfügung:
1. |
Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 10.6.2021 zu TOP 3 (Bestellung der X-Immobilien GmbH zum Verwalter) wird einstweilen bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über die Anfechtungsklage Az. … außer Kraft gesetzt und der X-Immobilien GmbH die Verwalterstellung vorläufig entzogen. |
2. |
(Optional: Antrag auf einstweilige gerichtliche Verwalterbestellung, Muster → § 10 Rdn 222) |
Begründung: _________________________
Rz. 80
Zum Verfahren der Beschlusssuspendierung allgemein wird auf die Ausführungen im zweiten Kapitel verwiesen (→ § 2 Rdn 61). Wie dort erwähnt, sind die von der h.M. aufgebauten Hürden so hoch, dass entsprechende Anträge generell selten und im Falle der Verwalterbestellung noch seltener erfolgreich sind. Richtigerweise wäre der Anspruchsgrund aber bei der Bestellung eines untauglichen Verwalters zu bejahen, denn der bei Durchführung des Beschlusses entstehende Schaden ist regelmäßig erheblich größer als der bei Nichtausführung entstehende Schaden. Zutreffend, wenn auch vor dem Hintergrund der viel restriktiveren Rspr. der Obergerichte nur noch von historischem Interesse, hat das AG Hamburg insoweit einmal ausgeführt: "Hat der anfechtende Wohnungseigentümer seine Anfechtungsklage schlüssig begründet, kann dem bestellten Verwalter im Wege der Regelungsverfügung jegliche Verwaltungstätigkeit untersagt werden. Das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer, nach einer, aus wichtigem Grund angefochtenen Verwalterbestellung bis zur rechtskräftigen Entscheidung die Verwaltertätigkeit durch ihren Kandidaten ausüben zu lassen, stellt demgegenüber kein ebenbürtiges schutzwürdiges Interesse dar. Es ist ihnen zuzumuten, während des Rechtsstreits über die Gültigkeit der Verwalterbestellung auf die Amtsführung durch den im Streit stehenden Verwalter zu verzichten und eine Interimslösung hinzunehmen, die vom Vertrauen aller Wohnungseigentümer getragen ist."