Rz. 167
§ 26 Abs. 3 S. 2 WEG besagt nicht, dass der abberufene Verwalter in jedem Fall seinen Anspruch auf Vergütung behält; das Gesetz begrenzt nur einen fortbestehenden Vergütungsanspruch auf längstens sechs Monate (→ § 10 Rdn 18). Der Vergütungsanspruch des abberufenen Verwalters bleibt gem. § 326 Abs. 2 BGB trotz Unmöglichkeit der Leistungserbringung bestehen, wenn die Gemeinschaft für die Unmöglichkeit (also die Abberufung) allein oder weit überwiegend zu vertreten hat. Der Vergütungsanspruch erlischt hingegen zugleich mit dem Wirksamwerden der Abberufung, wenn der Verwalter die Unmöglichkeit weiterer Leistung (also die Abberufung) zu vertreten hat. Das ist der Fall, wenn ein wichtiger Grund für die Abberufung vorlag. Auf Basis der h.M. (Trennungstheorie) erlischt der Vergütungsanspruch, wenn der Verwaltervertrag aus wichtigem Grund (synonym: außerordentlich) gekündigt wurde. Das läuft auf dasselbe hinaus.
Rz. 168
Gemäß § 314 Abs. 1 S. 2 BGB liegt ein wichtiger Grund für die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dementsprechend liegt ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Abberufung des Verwalters vor, wenn den Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände nach Treu und Glauben eine weitere Zusammenarbeit mit dem Verwalter nicht mehr zuzumuten ist, insbesondere wenn das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist. Die Maßstäbe für den wichtigen Grund sind dieselben, ob es nun um die (bis zur WEG-Reform 2020 im Vordergrund stehende) Abberufung von der Organstellung oder um die (darin enthaltene) Kündigung des Vertrags geht. Die zur Abberufung aus wichtigem Grund ergangene Rspr. ist deshalb nach wie vor von Bedeutung; zwar nicht mehr für die Frage der Wirksamkeit der Abberufung (für dies es keines wichtigen Grundes bedarf), aber für die Frage des Fortbestands des Vergütungsanspruchs.
Rz. 169
Gem. § 314 Abs. 2 BGB ist eine auf Pflichtverletzungen gestützte Kündigung zwar erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Diese Vorschrift kann auf die Rechtsbeziehung zwischen einer WEG und ihrem Verwalter aber wegen der praktischen Schwierigkeit der Willensbildung aufseiten der Gemeinschaft nicht angewandt werden, zumal der einmal eingetretene Vertrauensverlust aufseiten der Wohnungseigentümer durch eine Abmahnung nicht geheilt werden kann. Es liegen also i.S.d. §§ 314 Abs. 2, 323 Abs. 2 BGB besondere Umstände vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen. Entsprechend verhält es sich mit der Frist zum Ausspruch der Kündigung/Abberufung. Gem. § 626 Abs. 2 S. 1, 2 BGB kann die außerordentliche Kündigung eines Dienstvertrags nur innerhalb von zwei Wochen ausgesprochen werden, gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Auch diese Vorschrift ist auf die Abberufung des Verwalters nicht anzuwenden. Das bedeutet aber nicht, dass eine Abberufung aus wichtigem Grund unbegrenzt lange Zeit nach den dafür maßgeblichen Ereignissen erfolgen dürfte. Es entspricht einem allgemeinen, in § 314 Abs. 3 BGB kodifizierten Grundsatz, dass eine Kündigung aus wichtigem Grund innerhalb angemessener Frist erfolgen muss. Wie lange die "angemessene Frist" konkret dauern darf, ist letztlich eine Frage des Einzelfalls. Die Anwendung jedweder Frist setzt die Kenntnis (oder grob fahrlässige Unkenntnis) der Kündigungsgründe in der Person des Kündigungsberechtigten voraus. Weil die Gemeinschaft als solche keine Kenntnisse haben kann, kommt hier nur die Zurechnung von Kenntnissen ihrer Mitglieder in Betracht. Die h.M. will der Gemeinschaft die Kenntnisse der Verwaltungsbeiräte zurechnen; das ist aber abzulehnen (→ § 11 Rdn 17). Richtigerweise können der Gemeinschaft nur solche Kenntnisse zugerechnet werden, die mindestens bei einer Mehrheit der Miteigentümer vorhanden ist, oder die Kenntnis von Vorgängen, die im Rahmen einer Eigentümerversammlung thematisiert wurden.