Rz. 253
Jeder Miteigentümer kann von der Gemeinschaft, faktisch also vom Verwalter die Vorlage einer Eigentümerliste verlangen. Der ehedem häufigste Anlass für das Verlangen nach einer Eigentümerliste, die (beabsichtigte) Einreichung einer Beschlussanfechtungsklage, ist allerdings mit der WEG-Reform 2020 entfallen, weil Beschlussklagen nicht mehr gegen die übrigen Eigentümer, sondern gegen die Gemeinschaft gerichtet werden. Es verbleiben aber immer noch Gründe.
Rz. 254
Beispiele
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Ein Wohnungseigentümer strebt die Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung an und benötigt zur Einreichung eines qualifizierten Einberufungsverlangens gem. § 24 Abs. 2 WEG die Mitwirkung weiterer Eigentümer. |
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Er will ein Rundschreiben an seine Miteigentümer richten. |
Rz. 255
Der Verwalter muss auf Verlangen eine Eigentümerliste herausgeben, d.h. nach Treu und Glauben übersenden (→ § 10 Rdn 252). Ein Recht auf Anonymität untereinander besteht nicht, zumal jeder Miteigentümer durch Einsicht in das Grundbuch die Namen seiner Miteigentümer erfahren kann (→ § 1 Rdn 11). Die Möglichkeit der Grundbucheinsicht berechtigt den Verwalter aber nicht, einen Eigentümer auf das Grundbuch zu verweisen, anstatt ihm die begehrte Eigentümerliste herauszugeben, und zwar schon deshalb nicht, weil dem Grundbuch nicht die Anschriften der Eigentümer (die ja nicht unbedingt im Objekt wohnen) zu entnehmen ist.
Rz. 256
Der Verwalter kann die Herausgabe der Eigentümerliste nicht mit dem beliebten Hinweis auf "datenschutzrechtliche Bestimmungen" verweigern; näher dazu nachfolgend. Die Verarbeitung von Daten (wozu auch deren Weitergabe gehört) ist gem. § 6 Abs. 1b) DSGVO zulässig, wenn sie "für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, erforderlich ist". Das ist insbesondere der Fall, wenn Miteigentümern auf ihr Verlangen hin eine Eigentümerliste zur Verfügung gestellt wird. Der Verwalter, der sich dem Grundsatz der "Datensparsamkeit" (§ 5 Abs. 1c DSGVO) verpflichtet sieht, kann dem die Eigentümerliste verlangenden Eigentümer den Hinweis erteilen, dass sie nur zu Zwecken verwendet werden darf, die mit dem Wohnungseigentum zusammenhängen; eine entsprechende Bestätigung (Unterschrift) kann er aber nicht verlangen. Erst recht kann der Verwalter keine Darlegung verlangen, zu welchem Zweck im Einzelnen die Eigentümerliste (oder andere Informationen) gebraucht wird. Soweit Verwaltern teilweise empfohlen wird, sie sollten bei jedem Auskunftsersuchen konkret prüfen, zu welchem Zweck die Daten beansprucht werden, kann dem nicht zugestimmt werden. Mangels entgegenstehender Indizien darf und muss der Verwalter vielmehr grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Wohnungseigentümer, der seine im Wohnungseigentumsrecht wurzelnden Informationsrechte wahrnimmt, dies für Zwecke des Wohnungseigentums und nicht für sachfremde Zwecke tut. Um problemlos zum Ziel zu kommen, kann der die Liste begehrende Wohnungseigentümer allerdings auch einfach behaupten, dass er ein Rundschreiben an die Miteigentümer verfassen wolle; was der Inhalt des angeblichen Rundschreibens sein soll, geht den Verwalter jedenfalls nichts an. Die Eigentümerliste darf aber aus Datenschutzgründen nur die unbedingt erforderlichen Angaben enthalten; und das sind nach h.M. nur die Namen und (postalischen) Anschriften, nicht aber die E-Mail-Adressen. Das überzeugt nicht, weil heutzutage die E-Mail-Adresse wichtiger als die postalische Adresse ist, um mit den Miteigentümern Kontakt aufzunehmen.
Rz. 257
Exkurs zum Thema Datenschutz: Zum alten Recht wurde vertreten, der Verwalter sei Auftragsverarbeiter i.S.v. § 28 DSGVO und müsse deshalb mit der Gemeinschaft einen Auftragsverarbeitungsvertrag schließen. Diese Auffassung war schon immer falsch und hat mit der WEG-Reform 2020 jede Grundlage verloren. "Verantwortlicher" ist die Gemeinschaft; der Verwalter handelt als ihr Organ und nicht als Auftragsverarbeiter. Dass die Gemeinschaft, handelnd durch den Verwalter, Daten der Miteigentümer verarbeitet, ist gem. Art. 6 Abs. 1a), b) und f) DSGVO ohne weiteres rechtmäßig. Zur rechtmäßigen Datenverarbeitung gehört es auch, aus sachlichem Grund personenbezogene Informationen innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft weiterzugeben. Dazu kann die namentliche Nennung von Hausgeldschuldnern im Vermögensbericht gem. § 28 Abs. 4 WEG gehören, aber auch die Nennung der Wohnung und des Namens eines Wohnungseigentümers im Rahmen des Einberufungsschreibens zu einer Versammlung, dessen Wohnung von einem Legionellenbefall betroffen war. Eine vom betroffenen Wohnungseigentümer erhobene, auf die Verletzung von Art. 82 DSGVO gestützte Schadensersatzklage gegen den Verwalter wurde zu Recht abgewiesen.