Rz. 90
Die Unterzeichnung eines Verwaltervertrags durch die Mehrheit der Eigentümer kann die Beschlussfassung (über Bestellung und Vertrag) nicht ersetzen. Ein Beschluss ist nur entbehrlich, wenn alle Wohnungseigentümer den Vertrag unterzeichnen. Abgesehen von diesem Sonderfall stellt sich die Frage, welche Bedeutung der Unterzeichnung des Vertrags überhaupt zukommt. Häufig wird unausgesprochen angenommen, dass erst die Unterzeichnung zum Vertragsschluss führe. Das ist nicht zutreffend. Der Vertrag ist formfrei und kommt deshalb zustande, sobald auf den Vertragsabschluss bezogene übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen. Das gilt auch dann, wenn dem Vertragsabschluss – wie üblich – ein schriftliches bzw. in Textform gefasstes Angebot des Verwalters zugrunde liegt und wenn beschlossen wird, dass eine bestimmte Person "mit der Unterzeichnung des Vertrags" beauftragt wird. Auch dann ist nicht etwa i.S.v. § 154 Abs. 2 BGB die Schriftform des Vertrags vereinbart. Vielmehr ergibt sich aus den Umständen, dass die Unterzeichnung nur Beweiszwecken dienen und nicht konstitutiv sein soll.
Rz. 91
Wenn, wie üblich, keine Schriftform vereinbart wurde, hat die dem Vertragsabschluss nachfolgende Unterzeichnung des schriftlichen Textes keine unmittelbare rechtliche Bedeutung. Sie dient aber der Dokumentation und Beweiserleichterung, denn dem unterzeichneten Vertrag kommt als Urkunde ein besonderer Beweiswert zu. Vor diesem Hintergrund ist schriftlicher und beiderseits unterzeichneter Verwaltervertrag üblich und zu empfehlen. Nach dem Rechtsgedanken des § 181 BGB ist der Verwalter trotz der nur deklaratorischen Wirkung der Vertragsunterzeichnung nicht befugt, aufseiten der Gemeinschaft zu unterzeichnen; die Unterzeichnung obliegt gem. § 9b WEG dem Verwaltungsbeiratsvorsitzenden oder einem durch Beschluss ermächtigten Wohnungseigentümer.
Rz. 92
Manchmal sieht der Beschluss, mit dem die Gemeinschaft den Verwalter bestellen und/oder sein Vertragsangebot annehmen möchte, vor, dass eine bestimmte Person (meistens der Verwaltungsbeirat oder eines seiner Mitglieder) damit beauftragt wird, "den Verwaltervertrag abzuschließen". Das kann verschiedenes bedeuten:
Rz. 93
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Im Normalfall ist damit gemeint, dass die beauftragte Person den Verwaltervertrag lediglich unterschreiben soll, was zu Beweiszwecken, wie gesagt, durchaus sinnvoll ist. Davon ist auszugehen, wenn beim Beschluss der Verwalterbestellung bereits ein fertiger Vertragstext (Vertragsangebot des Verwalters) vorlag. In diesem Fall ist der Vertrag nämlich bereits (mit Zugang der im Bestellungsbeschluss enthaltenen Annahmeerklärung der Gemeinschaft beim Bewerber) geschlossen; er kann deshalb nicht nochmals abgeschlossen werden. Er kann aber sehr wohl unterzeichnet und damit das "Verhandlungsergebnis" i.S.d. vorangegangenen Eigentümerbeschlusses bestätigt werden. In diesem Fall eröffnet der Auftrag selbstverständlich keinen Ermessensspielraum bei der Gestaltung des Verwaltervertrags. |
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Wenn bei der Beschlussfassung kein (abschließender) Vertragsentwurf vorlag ist der Beschluss so zu verstehen, dass die beauftragte Person noch einen gewissen Spielraum hinsichtlich des Vertragsinhalts haben soll. In diesem Fall werden das Aushandeln und der Vertragsabschluss delegiert – wovon abzuraten ist (→ § 10 Rdn 97). |
Rz. 94
Praxistipp
Eine ordnungsmäßige Beschlussfassung muss Auslegungsfragen vermeiden; der Beschluss muss aus sich heraus eindeutig und verständlich sein. Liegt ein vom Verwalterkandidaten angebotener, abschlussreifer Vertrag vor, ist dieser i.S.e. Annahme ausdrücklich zu beschließen (am besten "uno actu" mit der Bestellung) und ein Miteigentümer mit der Unterzeichnung, zwecks Vermeidung von Missverständnissen aber nicht mit dem "Abschluss" zu beauftragen. Ist der Vertrag noch nicht beschlussreif, kann beschlossen werden, den Beschluss außerhalb der Versammlung in Textform mit einfacher Mehrheit zu fassen (→ § 10 Rdn 42); ansonsten muss der Beschluss auf die nächste Versammlung verschoben werden.