Rz. 17
Das Gesetz nennt den Vorgang, durch den eine (natürliche oder juristische) Person Verwalter wird, "Bestellung". Der Terminus "Bestellung" stammt aus dem Gesellschaftsrecht, denn die Verpflichtung der Geschäftsleiter wird im Gesellschaftsrecht gewissermaßen "traditionell" als Bestellung bezeichnet. Der Verwaltervertrag wird im Gesetz nicht geregelt; vielmehr wird seine Existenz vorausgesetzt. Bei der Bestellung handelt es sich um ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, an dem i.S.v. Angebot und Annahme beide Seiten mitwirken müssen. Gem. § 26 Abs. 1 WEG ist dafür ein Beschluss der Gemeinschaft erforderlich: Sie muss beschließen, einer bestimmten Person das Amt des Verwalters anzubieten (oder das entsprechende Angebot des Verwalters anzunehmen). Die im Beschluss enthaltene oder nachfolgende entsprechende rechtsgeschäftliche Erklärung muss von der betreffenden Person angenommen werden, damit die Wirkung der Bestellung eintritt. Zur Annahme einer angetragenen Bestellung ist niemand verpflichtet, und deshalb kann niemand gegen (genauer: ohne) seinen Willen zum Verwalter bestellt werden.
Rz. 18
Nach h.M. ist die Bestellung des Verwalters ein "körperschaftlicher (oder organschaftlicher) Akt" und vom Abschluss des Verwaltervertrags unabhängig (sog. Trennungstheorie). Das entspricht auch der im sonstigen Verbandsrecht herrschenden, wenngleich nicht unumstrittenen Auffassung zur Bestellung der jeweiligen Geschäftsleiter. Der Gesetzgeber der WEG-Reform 2020 hat sich – zumindest dem Wortlaut des Gesetzes nach – der Trennungstheorie angeschlossen, da gem. § 26 Abs. 3 S. 2 WEG ein Vertrag mit dem Verwalter spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung endet, also anscheinend unabhängig von der Bestellung laufen kann. Im Vordringen begriffen ist allerdings die Einheitstheorie. Denn die Grundannahme der Trennungstheorie, wonach ein Verwaltervertrag unabhängig von der Organstellung bestehen könne, ist falsch. Der Verwaltervertrag kann nicht ohne das Amt bestehen. Verwaltervertrag und Verwalterstellung stellen vielmehr eine Einheit dar; das eine bedingt das andere. Ein nicht bestellter, insbesondere ein abberufener Verwalter kann seine Vertragspflichten nicht mehr erfüllen; die Erfüllung ist ihm unmöglich. Es ist deshalb kein Wunder, dass die Befürworter der Trennungstheorie die praktischen Folgen ihrer Theorie abzumildern und durchweg einen Gleichlauf von Bestellung und Vertrag herzustellen suchen. Aber die der Trennungstheorie zugrundeliegende Gegenüberstellung von "organschaftlich" bzw. "körperschaftlich" (Bestellung) und "schuldrechtlich" (Anstellung/Verwaltervertrag) ist schon im Ansatz verfehlt. Ein Rechtsverhältnis ist immer "schuldrechtlich", da aus ihm Rechte und Pflichten folgen (vgl. § 241 BGB). § 311 BGB bringt das mit den Worten zum Ausdruck, dass zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich ist. Auch das sog. "organschaftliche Rechtsverhältnis" wird rechtsgeschäftlich begründet, denn es beruht darauf, dass beide Parteien (der "Besteller" und der "Bestellte") die Bestellung wollen. Demnach stellt die Bestellung einen Vertrag dar. Dass der Bestellung meistens ein schriftlicher Vertrag zugrunde liegt oder hinterhergeschoben wird, ändert daran nichts, denn mit dem "schriftlichen Vertrag" wird lediglich das durch die Bestellung begründete Vertragsverhältnis ausgeformt bzw. ergänzt. Soweit das nicht erfolgt, gelten (nur) die gesetzlichen Regelungen. Bestellung und Verwaltervertrag fallen also stets zusammen und sind als Einheit zu betrachten, die man als Bestellungsrechtsverhältnis bezeichnen kann. Wird dem Verwalter durch Abberufung seine Organstellung entzogen, ist ihm die weitere Vertragserfüllung unmöglich. Dass seine Vergütungsansprüche (sofern kein wichtiger Grund vorlag) weiterbestehen, ergibt sich bereits aus den §§ 275, 326 BGB: nach diesen Bestimmungen bleibt der Anspruch auf die Gegenleistung (Vergütung) erhalten, wenn die Leistung (Vertragserfüllung) unmöglich wurde. Die eigentliche Bedeutung des § 26 Abs. 3 S. 2 WEG besteht deshalb darin, den weiterlaufenden Vergütungsanspruch auf die Dauer von einem halben Jahr zu beschränken.
Rz. 19
Obwohl Bestellung und Verwaltervertrag eine Einheit bilden, werden sie nachfolgend separat erörtert. Das entspricht zum einen den üblichen und gewohnten Darstellungen, denn auf der Basis der herrschenden Trennungstheorie ist die getrennte Kommentierung zwangsläufig. Die getrennte Behandlung ist aber auch auf der Basis der hier vertretenen Einheitstheorie sinnvoll, weil es jedenfalls im Normalfall stets einen besonderen (schriftlichen) Verwaltervertrag gibt, dessen spezifische Probleme einer gesonderten Erörterung bedürfen.