Rz. 215
Muster 10.19: Klage auf gerichtliche Verwalterbestellung
Muster 10.19: Klage auf gerichtliche Verwalterbestellung
[Rubrum → § 13 Rdn 56 mit der Maßgabe, dass als Zustellungsempfänger auf Seiten der Gemeinschaft ein bestimmter Wohnungseigentümer angegeben wird]
Das Gericht bestellt für die Dauer von mindestens 1–2 Jahren einen Verwalter für die Wohnungseigentümergemeinschaft Heinestraße 12, 75234 Musterstadt.
Streitwert: 3.000,00 EUR.
Die Gerichtskosten in Höhe von 357 EUR wurden an die Landesoberkasse überwiesen.
Begründung:
_________________________ Der Kläger hat drei aktuelle Angebote übernahmebereiter Verwaltungen eingeholt, die als Anlagen K 1 – K 3 vorgelegt werden. Der Kläger regt an, die Y-Immobilien GmbH, Zenstraße 5, 75234 Musterstadt auf der Basis ihres Angebots (Anlage K 1) zur Verwalterin zu bestellen. Sie hat auf den Kläger den besten Eindruck gemacht und wurde ihm von Bekannten empfohlen, die Miteigentümer in Anlagen sind, die von der Y-Immobilien GmbH verwaltet werden.
Rz. 216
Das Gericht kann und muss im Urteil die Vertragskonditionen festlegen. Denn auch die Eigentümergemeinschaft könnte durch Beschluss entsprechende vertragliche Regelungen mit dem Verwalter vereinbaren; die gerichtliche Entscheidung ersetzt die zum Vertragsschluss erforderlichen Beschlüsse der Gemeinschaft. Anstatt aber in der gerichtlichen Entscheidung partielle Regelungen zu den "Eckdaten" der Bestellung (insbes. Laufzeit und Vergütung) zu treffen, ist es besser, wenn sogleich ein vollständiger Verwaltervertrag geschlossen wird. Hierzu ist das Gericht in Ersetzung des entsprechenden Eigentümerbeschlusses nicht nur befugt, sondern bei Vorliegen entsprechender, akzeptabler Vertragsangebote sogar verpflichtet, weil alles andere nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspräche. Entgegen vielfach vertretener Auffassung gibt es keinen Grundsatz, wonach die Laufzeit der gerichtlichen Verwalterbestellung möglichst kurz gehalten werden oder ausdrücklich nur für die Zeit bis zur Wahl eines neuen Verwalters erfolgen sollte. Vielmehr sollte die gerichtliche Verwalterbestellung keinen anderen Inhalt haben als ein ordnungsmäßiger Beschluss der Gemeinschaft. Und da ein Verwalter üblicherweise nur bei Vereinbarung einer bestimmten Mindestlaufzeit überhaupt zur Übernahme einer Verwaltung bereit ist, dürfte eine feste Laufzeit von ein bis drei Jahren i.d.R. ordnungsmäßiger Verwaltung bzw. einer ordnungsmäßigen gerichtlichen Beschlussersetzung entsprechen. Wird keine bestimmte Laufzeit festgelegt, gilt die Höchstdauer von fünf Jahren gem. § 26 Abs. 2 S. 1 WEG.
Rz. 217
Praxistipp
Einem Verwalter ist von der Annahme einer gerichtlich angetragenen Bestellung abzuraten, wenn der Bestellung nicht ein von ihm angebotener Verwaltervertrag zugrunde liegt. Wenn der Verwalter die Übernahme der Verwaltung nicht selbst angeboten hat, muss er die Bestellung nicht annehmen, auch wenn sie auf einem gerichtlichen Urteil beruht.
Rz. 218
Muster 10.20: Gerichtliche Verwalterbestellung
Muster 10.20: Gerichtliche Verwalterbestellung
(Versäumnis-)Urteil
In Sachen
Acker u.a./ WEG Heinestraße 12, 75234 Musterstadt
hat das Amtsgericht Musterstadt durch Richter Roland Retsch am (oder: auf die mündliche Verhandlung vom) 28.7.2022 für Recht erkannt:
1. |
Die Y-Immobilien GmbH, Zenstraße 5, 75234 Musterstadt wird auf der Grundlage des diesem Urteil als Anlage beigefügten Verwaltervertrags bis zum 30.6.2024 zum Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft Heinestraße 12, 75234 Musterstadt bestellt. |
2. |
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. |
3. |
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten [falls kein Versäumnisurteil: gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags] vorläufig vollstreckbar. |
Rz. 219
Das Gericht kann die Prozesskosten analog § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nach billigem Ermessen verteilen. Hat die Klage Erfolg, entspricht nur eine Kostenentscheidung zulasten der Beklagten billigem Ermessen.
Rz. 220
Der gerichtlich bestellte Verwalter hat die gleiche Rechtsstellung wie der von der Wohnungseigentümergemeinschaft bestellte Verwalter. Er kann also beispielsweise jederzeit abberufen werden. Eine Abberufung ohne gleichzeitige Bestellung eines anderen Verwalters wäre mit dem Sinn der gerichtlichen Verwalterbestellung allerdings nicht vereinbar. Ein entsprechender Beschluss wäre anfechtbar, aber nicht nichtig. Erforderlichenfalls könnte die (erneute) sofortige Wiedereinsetzung des Verwalters mittels einer einstweiligen Verfügung bewirkt werden. Das Problem der wiederkehrenden rechtswidrigen Beschlüsse ist aus dem Themenkreis der Zweitbeschlüsse bekannt; generell wird nicht die Nichtigkeit eines wiederholten rechtswidrigen Beschlusses diskutiert, sondern nur die Frage, ob er ohne weitere inhaltliche Prüfung als rechtswidrig zu beurteilen ist (→ § 2 Rdn 33).