Rz. 321
§ 9b Abs. 2 WEG sieht vor, dass dem Verwalter gegenüber der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats oder ein durch Beschluss dazu ermächtigter Wohnungseigentümer die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vertritt. Diese Bestimmung ermöglicht zum einen den Abschluss bzw. die Unterzeichnung von Verträgen der Gemeinschaft mit dem Verwalter, weil der Verwalter wegen § 181 BGB an der Vertragsunterzeichnung im Namen der Gemeinschaft gehindert ist. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll die Bestimmung zum anderen und vor allem die Durchsetzung von Ansprüchen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter erleichtern. Tatsächlich ließe sich ohne sie ein Beschluss zur Einleitung gerichtlicher Schritte gegen den amtierenden Verwalter nicht umsetzen, denn der Verwalter müsste in einem solchen Prozess sich selbst und zugleich die Klägerseite vertreten, was sich mit dem prozessualen Grundsatz des "Zweiparteienprinzips" nicht vereinbaren lässt. Die Regelung lehnt sich an die Vorschrift des § 46 Nr. 8 GmbHG an, in der (ebenfalls) vorgesehen ist, dass die Gesellschafter beschließen können, wer die Gesellschaft in Prozessen gegen einen ihrer Geschäftsführer vertritt. Allerdings ist zu konstatieren, dass Klagen einer Gemeinschaft gegen den amtierenden Verwalter reine Theorie sind, denn bevor oder wenn es zu einem Prozess gegen den Verwalter kommt, wird entweder die Gemeinschaft diesen abberufen oder er sein Amt niederlegen. Während gerichtliche Auseinandersetzungen von Gemeinschaften mit Ex-Verwaltern gang und gäbe sind, sind kaum Fälle bekannt, in dem eine Gemeinschaft ihren amtierenden Verwalter verklagt hätte. Die Bestimmung hat somit zwar keinen nennenswerten praktischen Anwendungsbereich, birgt aber ein nicht unerhebliches Missbrauchspotenzial. Denn das gesetzliche Vertretungsrecht des Verwaltungsbeiratsvorsitzenden gegenüber dem Verwalter besteht unabhängig von internen Bindungen. Der Beiratsvorsitzende kann deshalb, wenn er will, ohne Einbindung seiner Miteigentümer und insbesondere ohne vorhergehende Beschlussfassung (fast) jegliche Rechtshandlungen gegenüber dem Verwalter vornehmen, beispielsweise in Vertretung der Gemeinschaft eine Klage gegen den Verwalter einreichen. Ob die Gemeinschaft dem Verwaltungsbeiratsvorsitzenden derartige eigenmächtige Handlungen später danken oder zum Anlass für Schadensersatzforderungen gegen ihn nehmen wird, spielt für die Wirksamkeit der Vertretung keine Rolle. Nur in einem Sonderfall besteht das Vertretungsrecht des Verwaltungsbeiratsvorsitzenden nicht: Den Verwaltervertrag kann er nicht kündigen. Eine isolierte Kündigung des Verwaltervertrags ohne zeitgleiche Abberufung kann es nicht geben; die Abberufung setzt aber gem. § 26 Abs. 1 WEG einen Beschluss der Gemeinschaft voraus.