Rz. 30

In der ersten Instanz erhält der RA als Verteidiger die Gebühren aus Teil 4, Abschnitt 1, Unterabschnitt 3 VV RVG. Der RA kann hier eine Verfahrensgebühr und Terminsgebühren verdienen. Diese Gebühren richten sich in ihrer Höhe nach der Ordnung des Gerichts (Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht, bzw. der verschiedenen Spruchkörper in diesen Gerichten), vor dem das Verfahren stattfindet. Außerdem entstehen diese Gebühren mit Zuschlag, wenn der Angeklagte sich in Haft befindet.

Der Strafprozess kann im ersten Rechtszug beim Amtsgericht, beim Landgericht oder beim Oberlandesgericht beginnen. Dies ist im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) geregelt. Beim Amtsgericht kann das Verfahren vor dem Einzelrichter oder vor dem Schöffengericht stattfinden, was gebührenrechtlich keinen Unterschied macht. Beim Landgericht kann das Verfahren vor der großen Strafkammer (§ 74 Abs. 1 GVG), vor dem Schwurgericht (§ 74 Abs. 2 GVG) oder vor der Strafkammer nach § 74a GVG (Staatsschutzkammer) oder § 74c GVG (Wirtschaftsstrafkammer) stattfinden. Diese verschiedenen Strafkammern werden gebührenrechtlich unterschiedlich behandelt. Dies soll in nachstehender Übersicht aufgezeigt werden.

 

Übersicht: Abhängigkeit der Gebühren von der Ordnung des Gerichts

Ordnung des Gerichts (Erster Rechtszug) Nummern des VV

Amtsgericht (Einzelrichter, Schöffengericht, Jugendrichter,

Jugendschöffengericht)

Nrn. 4106 bis 4111 VV RVG

(Bei Haft mit Zuschlag)
Landgericht (Große Strafkammer; Jugendkammer, soweit nicht für einen Erwachsenen das Schwurgericht zuständig wäre)

Nrn. 4112 bis 4117 VV RVG

(Bei Haft mit Zuschlag)

Landgericht (Schwurgericht, Staatsschutzkammer, Wirtschaftsstrafkammer; Jugendkammer, wenn für einen Erwachsenen das Schwurgericht zuständig wäre),

Oberlandesgericht

Nrn. 4118 bis 4123 VV RVG

(Bei Haft mit Zuschlag)
 

Rz. 31

Nach § 17 Nr. 10 RVG sind das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren verschiedene Angelegenheiten. Das heißt, dass für die Tätigkeit des RA im Vorverfahren und im nachfolgenden Hauptverfahren jeweils eine gesonderte Vergütungsrechnung anzufertigen ist. Die Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte und die Dokumentenpauschale entstehen demnach im Vorverfahren und noch einmal im gerichtlichen Verfahren.

 

Merke:

Das Hauptverfahren beginnt mit der Einreichung der Anklageschrift bzw. des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls bei dem zuständigen Gericht bzw. im beschleunigten Verfahren mit dem Vortrag der Anklage, wenn diese nur mündlich erhoben wird.

Das Hauptverfahren ist eine eigene Angelegenheit, für die eine gesonderte Vergütungsrechnung anzufertigen ist.

Die Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte (Nr. 7002 VV RVG) kann im Vorverfahren und nochmals im Hauptverfahren berechnet werden.

Die Kopien zur Berechnung der Dokumentenpauschale (Nr. 7000 VV RVG) werden im Hauptverfahren neu ab einer Kopie gezählt, wenn neue Kopien gefertigt werden.

I. Die Verfahrensgebühr im ersten Rechtszug

 

Rz. 32

Die Verfahrensgebühr im ersten Rechtszug (Hauptverfahrensgebühr) entsteht, wie jede Verfahrensgebühr im RVG, für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Beschaffung der Informationen (Vorbemerkung 4, Abs. 2 VV RVG). Sie entgilt insbesondere die Vorbereitung der Hauptverhandlung, Gespräche mit dem Auftraggeber, Schriftverkehr, usw. Sie regelt also die Vergütung für alle Tätigkeiten, die außerhalb der Hauptverhandlung vorgenommen werden und für die es keine besonderen Gebühren gibt.

Während des ganzen Verfahrens in der Instanz wird jede Tätigkeit des Verteidigers im Hauptverfahren außerhalb der Hauptverhandlung durch die Hauptverfahrensgebühr abgegolten, gleichgültig, wie viele Besuche im Gefängnis, Schreiben an die Staatsanwaltschaft, Besichtigungen der Unfallstelle, Akteneinsichten usw. notwendig waren. Auch die Einlegung von Rechtsmitteln gehört gemäß § 19 Abs. 1 Ziff. 10 RVG noch zur Instanz, nur die Begründung der Berufung gehört bereits zum nächsten Rechtszug.

Die Verfahrensgebühr im Hauptverfahren richtet sich in ihrer Höhe nach der Ordnung des Gerichts und entsteht als Gebühr mit Zuschlag, wenn der Mandant sich in Haft befindet.

 

Übersicht: Abhängigkeit der Verfahrensgebühr von der Ordnung des Gerichts

Ordnung des Gerichts (Erster Rechtszug) Verfahrensgebühr
Amtsgericht (Einzelrichter, Schöffengericht, Jugendrichter, Jugendschöffengericht)

Nr. 4106 VV RVG

Nr. 4107 VV RVG mit Zuschlag
Landgericht (Große Strafkammer; Jugendkammer, soweit nicht für einen Erwachsenen das Schwurgericht zuständig wäre)

Nr. 4112 VV RVG

Nr. 4113 VV RVG mit Zuschlag

Landgericht (Schwurgericht, Staatsschutzkammer, Wirtschaftsstrafkammer; Jugendkammer, wenn für einen Erwachsenen das Schwurgericht zuständig wäre),

Oberlandesgericht

Nr. 4118 VV RVG

Nr. 4119 VV RVG mit Zuschlag
 

Rz. 33

Da das Hauptverfahren nach § 17 Nr. 10 RVG eine vom Vorverfahren verschiedene Angelegenheit ist, entsteht jeweils eine Verfahrensgebühr im Vorverfahren und im Hauptverfahren, wenn der RA im Vorverfahren und im Hauptverfahren tätig geworden ist. Die beide...

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