Rz. 93

Strafbare Handlungen können nach dem StGB mit Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bestraft werden. Zahlreiche Gesetzesverstöße werden nach anderen Gesetzen (z. B. Jugendschutzgesetz, Straßenverkehrsordnung) mit Geldbußen geahndet. Mit Geldbußen bedrohte Handlungen werden Ordnungswidrigkeiten genannt. Auch das "Gesetz über Ordnungswidrigkeiten" (OWiG) nennt in den §§ 111 ff. einzelne Ordnungswidrigkeiten, z. B. die Verursachung unzulässigen Lärms.

Viele Vorschriften des OWiG sind im Wesentlichen wie im StGB geregelt. Ist eine Handlung zugleich Straftat und Ordnungswidrigkeit, wird nur das StGB angewendet (§ 21 OWiG).

 

Rz. 94

Ordnungswidrigkeiten werden im Bußgeldverfahren geahndet (§§ 35 ff. OWiG). Das Bußgeldverfahren beginnt mit einem Vorverfahren (Ermittlungsverfahren, Verwaltungsverfahren), das von Verwaltungsbehörden oder der Polizei z. B. aufgrund einer Anzeige durchgeführt wird (§§ 5354 OWiG). Das Bußgeldverfahren und auch das Vorverfahren verlaufen ähnlich wie das Verfahren bei Straftaten (§ 46 OWiG).

 

Rz. 95

Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten kann die zuständige Verwaltungsbehörde oder die Polizei den Betroffenen im Vorverfahren – dann Verwarnungsverfahren genannt – verwarnen und ein Verwarnungsgeld erheben (§§ 5658 OWiG).

 

Rz. 96

Eine Ordnungswidrigkeit wird in der Regel nach Abschluss des Vorverfahrens durch einen Bußgeldbescheid geahndet (§§ 65, 66 OWiG).

 

Rz. 97

Gegen den Bußgeldbescheid kann der Betroffene innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung bei der Verwaltungsbehörde, die ihn erlassen hat, Einspruch einlegen (§ 67 OWiG). Über den ordnungsgemäß eingelegten Einspruch entscheidet nach Durchführung des so genannten Zwischenverfahrens das zuständige Amtsgericht (§ 68 OWiG).

Ist der Einspruch nicht rechtzeitig, nicht in der richtigen Form oder sonst nicht wirksam eingelegt, so verwirft die Verwaltungsbehörde den Einspruch als unzulässig. Gegen diesen verwerfenden Bescheid ist innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung möglich (§ 69 Abs. 1 OWiG).

Ist jedoch der Einspruch zulässig, so prüft die Verwaltungsbehörde im Zwischenverfahren, ob sie den Bußgeldbescheid aufrechterhält oder zurücknimmt. Nimmt sie ihn nicht zurück, so muss die Verwaltungsbehörde, evtl. nach weiteren Ermittlungen, die Akten der Staatsanwaltschaft übersenden, welche sie dem Richter am Amtsgericht vorlegen muss, wenn sie nicht das Verfahren einstellt (§ 69 Abs. 25 OWiG).

 

Rz. 98

Das Hauptverfahren des Bußgeldverfahrens findet dann vor dem Amtsgericht (Einzelrichter) statt und richtet sich im Wesentlichen nach den entsprechenden Vorschriften der StPO (§§ 71 ff. OWiG).

Das Hauptverfahren endet mit einem Urteil oder, wenn keine Hauptverhandlung stattfindet, durch Beschluss (§ 72 OWiG). Gegen beide ist als Rechtsmittel die so genannte Rechtsbeschwerde zulässig, über die das OLG entscheidet (wie Revision; § 79 Abs. 3 OWiG). Dabei ist insbesondere zu beachten, dass die Rechtsbeschwerde von dem Betroffenen nur zulässig ist, wenn die Geldbuße auf mehr als 250 Euro festgesetzt wurde (§ 79 Abs. 1 Ziff. 1 OWiG).

Übersicht über den Ablauf des Bußgeldverfahrens

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