Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 34
Die Terminsgebühr entsteht für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen (Vorbemerkung 4, Abs. 3 VV RVG). Die Terminsgebühr entsteht sogar dann, wenn der RA zu dem anberaumten Termin zwar erscheint, dieser aber ohne ein Verschulden des RA nicht stattfindet. Dies gilt jedoch nicht, wenn der RA rechtzeitig von der Aufhebung oder Verlegung des Termins Kenntnis hatte. Solche Terminsverlegungen können z. B. vorkommen, wenn die Richterbank nicht vollständig besetzt ist oder der Angeklagte nicht zur Verhandlung erschienen ist. Der RA kann dafür nichts, er hat aber den Termin vorbereitet und er hat sich auf den Weg zum Gericht gemacht und somit Zeit aufgewendet. Natürlich muss der RA diesen Umstand bei der Bemessung der Terminsgebühr innerhalb des Gebührenrahmens berücksichtigen.
Die Hauptverhandlung beginnt gemäß § 243 Abs. 1 StPO mit dem Aufruf der Sache. Die Hauptverhandlung hat folglich auch dann schon begonnen, wenn der Vorsitzende nach Aufruf der Sache feststellt, dass der Angeklagte nicht erschienen ist, oder dass Zeugen versehentlich nicht geladen wurden und sodann die Vertagung beschlossen wird.
Die Terminsgebühr erwächst dem Verteidiger schon dann, wenn er bei Beginn der Hauptverhandlung, also bei Aufruf der Sache, anwesend war. Gemäß Vorbemerkung 4, Abs. 3 VV RVG wird nur die Teilnahme des RA an dem Termin vorausgesetzt. Überspitzt ausgedrückt, erhält der Verteidiger die Gebühr für die bloße Anwesenheit in der Hauptverhandlung; hat er dabei keine Tätigkeiten entwickelt, so muss dies allerdings bei der Höhe der Gebühr innerhalb des Rahmens entsprechend berücksichtigt werden.
Die Hauptverhandlung endet gemäß § 260 StPO mit der Verkündung des Urteils. Bis dahin entgilt die Terminsgebühr jede Tätigkeit des Verteidigers in der Hauptverhandlung.
Rz. 35
Allerdings entsteht die Terminsgebühr "je Hauptverhandlungstag", sodass sie bei mehreren Verhandlungstagen mehrfach anfällt. Sollten die Verhandlungen an den einzelnen Tagen unterschiedlich lang sein oder sonstige unterschiedliche Umstände im Sinne des § 14 RVG vorliegen, so ist die Terminsgebühr für jeden einzelnen Termin in unterschiedlicher Höhe zu erheben. Sollte nur das Urteil an einem anderen Tag verkündet werden, fällt auch hierfür eine neue (niedrigere) Terminsgebühr an.
Sollte an einem Tag die Hauptverhandlung unterbrochen werden ("Mittagspause") und später am selben Tag fortgesetzt werden, so entsteht nur eine Terminsgebühr. Bei der Bestimmung der Terminsgebühr für einen Hauptverhandlungstag ist grundsätzlich von der Mittelgebühr auszugehen; bei längerer oder kürzerer Dauer ist die Gebühr entsprechend anzupassen. Beim AG ist als durchschnittliche Dauer der Hauptverhandlung von ein bis drei Stunden auszugehen (LG Braunschweig, Beschluss vom 06.05.2011 – 7 Qs 83/11). Eine Verhandlungsdauer von über 5 Stunden rechtfertigt eine Erhöhung der Mittelgebühr bei einem durchschnittlichen Fall (OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.09.2013 – 2 Ws 263/13).
Die Terminsgebühr im Hauptverfahren richtet sich in ihrer Höhe nach der Ordnung des Gerichts und entsteht als Gebühr mit Zuschlag, wenn der Mandant sich in Haft befindet. Nur der Pflichtverteidiger erhält zusätzliche Gebühren, wenn die Verhandlung einmal länger dauert (siehe z. B. Nrn. 4110, 4111 VV RVG), da der Wahlverteidiger dies bei der Bemessung der Rahmengebühr berücksichtigen kann.
Übersicht: Abhängigkeit der Terminsgebühr von der Ordnung des Gerichts
Ordnung des Gerichts (Erster Rechtszug) |
Terminsgebühr |
Amtsgericht (Einzelrichter, Schöffengericht, Jugendrichter, Jugendschöffengericht) |
Nr. 4108 VV RVG Nr. 4109 VV RVG mit Zuschlag Nrn. 4110, 4111 VV RVG (nur Pflichtverteidiger) |
Landgericht (Große Strafkammer; Jugendkammer, soweit nicht für einen Erwachsenen das Schwurgericht zuständig wäre) |
Nr. 4114 VV RVG Nr. 4115 VV RVG mit Zuschlag Nrn. 4116, 4117 VV RVG (nur Pflichtverteidiger) |
Landgericht (Schwurgericht, Staatsschutzkammer, Wirtschaftsstrafkammer; Jugendkammer, wenn für einen Erwachsenen das Schwurgericht zuständig wäre), Oberlandesgericht |
Nr. 4120 VV RVG Nr. 4121 VV RVG mit Zuschlag Nrn. 4122, 4123 VV RVG (nur Pflichtverteidiger) |
Merke:
Die Terminsgebühr entsteht für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen selbst dann, wenn der Termin nicht stattfindet und der RA erscheint, weil er davon nichts wusste.
Die Terminsgebühr entsteht für jeden Hauptverhandlungstag neu, sodass sie bei mehreren Verhandlungstagen mehrfach anfällt – eventuell in unterschiedlicher Höhe.
Rz. 36
Praxistipp:
Für die Bestimmung der Terminsgebühr gemäß § 14 RVG innerhalb des Gebührenrahmens hat das OLG Düsseldorf (siehe z. B. Beschluss vom 19.05.2017 – 1 Ws 2/17) einen interessanten Kriterienkatalog erstellt:
Dauer der Hauptverhandlung |
Gebühr |
bis zu 1 Stunde |
1,5fache Mindestgebühr |
bis zu 2 Stunden |
3fache Mindestgebühr |
bis zu 4 Stunden |
Mittelgebühr |
bis zu 5 Stunden |
5fache Mindestgebühr |
Im Übrigen war in der obergerichtlichen Rechtsprechung sehr umstritten, ob für Pflichtverteidiger Mittagspausen in Abzug zu bringen sind – und falls ja, ob dies auch f...