1. Regelungen

a) Allgemeine Grundsätze

 

Rz. 62

Maßgebend ist die Regelung in § 5 Abs. 1 lit. a ARB 2010. Nach dieser Fassung der Bedingungen trägt der Versicherer "bei Eintritt des Rechtsschutzfalles im Inland die Vergütung eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwaltes bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung eines am Ort des zuständigen Gerichtes ansässigen Rechtsanwaltes". Zunächst wird diskutiert, wie der Wortlaut zu interpretieren ist, nämlich ob das Wort "eines" als Zahlwort im Sinne von "einzigen" oder als unbestimmter Artikel zu verstehen ist in dem Sinn, dass hiermit in erster Linie die spezifische Art der zu übernehmenden Kosten gekennzeichnet werden soll. Nach Bauer[51] hat sich die Auslegung zu orientieren an der "Notwendigkeit" der Interessenwahrnehmung i.S.d. § 1 Abs. 1. Diese Interpretation wird aber nicht dem Sinn und dem Regelungszweck dieser Bedingung gerecht. Zuzugeben ist, dass die Wort- und Satzfassung des § 5 Abs. 1 S. 1 Deutungen offen lässt. Klarer wäre gewesen, wenn in der Fassung der Bedingungen die Leistungsbeschreibung zunächst positiv dargestellt wäre, also in dem Sinn, dass der Versicherer die Anwaltsvergütung trägt, jedoch nur für "einen" beauftragten Anwalt. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auch zu sehen, dass nach den berufsrechtlichen Grundsätzen bei einer Anwaltssozietät der Auftrag grundsätzlich nicht einem Anwalt, sondern allen in der Sozietät zusammengeschlossenen Anwälten erteilt wird. Diesem Umstand wäre dadurch Rechnung zu tragen, dass die Vergütung eines beauftragten Anwaltes oder die Vergütung für die Anwälte einer Anwaltssozietät zu tragen ist (vgl. auch Rn 50).

Zu unterscheiden von der vorstehend angesprochenen Thematik ist der Fall des Anwaltswechsels (hierzu wird verwiesen auf die Ausführungen vgl. Rn 46 ff. ).

[51] In: Harbauer/Bauer, ARB 2000, § 5 Rn 189.

b) Mögliche Ausnahmefälle

 

Rz. 63

In Betracht kommen auch Ausnahmefälle, in denen die Rechtsschutzversicherung bei einem Anwaltswechsel zusätzlich die Kosten des neu beauftragten Anwaltes zu übernehmen hat. Dies kann der Fall sein, wenn der Wechsel aufgrund eines Sachverhaltes erfolgt, der nach allgemeiner Erfahrung weder vom Rechtsanwalt noch vom Versicherungsnehmer zu vertreten ist (Tod des Rechtsanwaltes, unvorhergesehene Aufgabe der Zulassung). Auch ist an die Fallgestaltung zu denken, dass der Versicherungsnehmer wegen einer mangelhaften Vertragserfüllung seines Anwaltes, also bei Anwaltsverschulden, den Vertrag kündigt. In diesem Fall kommt in Betracht, dass der Vergütungsanspruch gem. § 628 BGB erlischt, soweit die bisherigen Leistungen des Rechtsanwaltes infolge der Kündigung für den Versicherungsnehmer kein Interesse haben. Das ist etwa der Fall, wenn bei dem neu beauftragten Rechtsanwalt die gleichen Gebühren nochmals anfallen. Der Rechtsschutzversicherer muss dann die Gebühren des neuen Rechtsanwaltes übernehmen, weil der frühere Rechtsanwalt keinen Vergütungsanspruch mehr hat.[52]

Maßgebend ist die Regelung in § 5 Abs. 1 ARB 2010. Hiernach trägt die Rechtsschutzversicherung die Kosten eines für den Versicherungsnehmer tätigen Anwaltes. Diese Formulierung bringt zum Ausdruck, dass die Kosten zusätzlicher Anwälte in derselben Instanz und in derselben Sache nicht übernommen werden.[53]

 

Rz. 64

Gemäß § 5 Abs. 1a ist geregelt, dass bei Eintritt eines Rechtsschutzfalles im Inland die Vergütung eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwaltes zu tragen ist bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung eines am Ort des zuständigen Gerichts ansässigen Anwaltes. Es sind also die zu erstattenden Kosten begrenzt. Zu erstatten sind lediglich die Gebühren eines am Gerichtsort ansässigen Anwaltes gem. RVG. Hieraus folgt, dass Mehrkosten, etwa Reisekosten oder Abwesenheitsgeld, bei Beauftragung eines nicht am Gerichtsort ansässigen Anwaltes, vom Versicherungsschutz nicht umfasst sind.

 

Rz. 65

Die zu tragende Vergütung bestimmt sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Verbindung mit dem Vergütungsverzeichnis (VV).

[52] BGH NJW 1995, 1994; vgl. auch Bauer, Rechtsentwicklungen bei den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung bis Anfang NJW 2002, 1542 (1546).
[53] Vgl. OLG Karlsruhe zfs 1986, 178; AG München, Urt. v. 13.11.1986 – 1 C 27737/86; a.A. Harbauer/Bauer, ARB 2000, § 5 Rn 26.

2. Der Umfang der gesetzlichen Vergütung sowie sonstige Kostenpositionen

a) Die zu übernehmenden Gebühren und Kostenpositionen

 

Rz. 66

Der Anspruch auf Freistellung oder Zahlung der Vergütung für die Tätigkeit eines Anwaltes im Inland umfasst die Gebühren und Auslagen nach RVG. Hierzu gehören

die gesetzlichen Gebühren,
Mehrwertsteuer,
Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen,
Schreibleistungen,
Reisekosten ggf.
 

Rz. 67

Der Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer besteht insoweit, als der Versicherungsnehmer nicht zum Abzug der Vorsteuer berechtigt ist. In diesen Fällen schuldet der Rechtsschutzversicherer lediglich die Nettovergütung (zur Mehrwertsteuer als Bestandteil der gesetzlichen Vergütung vgl. Rn 79).

 

Rz. 68

Kosten zur Feststellung des Sachverhaltes oder für die Beschaffung von Beweismitteln fallen nicht unter die gesetzliche Vergütung, sondern sind vielmehr Parteiau...

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