1. Grundsätzliche Regelung
Rz. 196
Grundsätzlich werden Kosten, die aufgrund einer gütlichen Erledigung, insbesondere eines Vergleiches, nicht dem Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen entsprechen, nicht übernommen. Durch diese Regelung soll verhindert werden, dass Zugeständnisse bei der Kostenverteilung zu Lasten der Rechtsschutzversicherung gemacht werden.
Die Regelung des § 5 Abs. 3 lit. b ARB 2010 ist nicht anzuwenden, wenn die Parteien in einem Rechtsstreit sich über die Hauptsache in einem gerichtlichen Vergleich geeinigt haben und hiernach den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären und zur Kostenfrage dann nach § 91a ZPO Kostenentscheidung des Gerichtes beantragen.[125]
2. Die Beurteilungsgrundsätze
Rz. 197
Nach den insoweit von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen bleiben bei der Beurteilung des Verhältnisses zwischen "Verlieren" und "Gewinnen" subjektive Gesichtspunkte außer Betracht, wie etwa Fragen des Prozessrisikos sowie der Erfolgsaussichten.[126] Vielmehr wird allein auf objektive Merkmale abgestellt.[127] Das objektive Wertverhältnis wird festgestellt durch:
▪ | Vergleich des ursprünglichen Anspruchsbegehrens zum |
▪ | erzielten Ergebnis. |
Rz. 198
Dieses bei Zahlungsansprüchen leicht zu ermittelnde Zahlenverhältnis ist bei einem Streitgegenstand, der keinen Zahlungsanspruch zum Gegenstand hat, wie etwa ein Räumungsanspruch, schwieriger zu beurteilen. Hier sind die Interessenlage und das Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen zu gewichten.
3. Kosten für Mehrvergleich
Rz. 199
In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass bei einem Abschluss eines Vergleiches Regelungspunkte einbezogen werden, die bisher nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens waren und die nicht Gegenstand der Rechtsschutzdeckung waren. Insoweit kommt jedoch auch Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung für die Kosten des Mehrvergleiches in Betracht. Endet ein mit Rechtsschutz geführter Rechtsstreit durch Vergleich, hat der Versicherer dessen Kosten in Höhe der Misserfolgsquote des Versicherungsnehmers auch insoweit zu tragen, als in den Vergleich weitere, bisher nicht streitige Gegenstände einbezogen worden sind, wenn der Versicherer auch für sie Rechtsschutz zu gewähren hat und sie rechtlich mit dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreites zusammenhängen.[128]
4. Begrenzung der Kostenübernahme bei Treuwidrigkeit
Rz. 200
Auf die Begrenzung der Kostenübernahme nach § 5 Abs. 3 lit. b ARB 2010 bei einem Vergleich kann sich der Rechtsschutzversicherer nach Treu und Glauben ausnahmsweise dann nicht berufen, wenn er nicht auf die rechtzeitige Information des Prozessbevollmächtigten des Versicherungsnehmers reagiert, dass ein Vergleich mit Widerrufsvorbehalt geschlossen wurde und ohne ausdrückliche Weisung der Widerruf nicht erfolgen werde.[129]
Die Thematik der zu erwartenden umgehenden Stellungnahme der Rechtsschutzversicherung bei Mitteilung über einen Vergleich und die Erwartung der Rechtsschutzdeckung kommt in der Praxis häufig vor. Dem Anwalt ist es geboten, im Sinne der vorstehend wiedergegebenen Rechtslage die Rechtsschutzversicherung zu informieren. Auf Seiten der Rechtsschutzversicherung ist umgehende Reaktion geboten.
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