Rz. 40
Der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge verbietet eine rein gegenständliche Erbeinsetzung. Dennoch wird bei privatschriftlichen Testamenten häufig eine Einzelzuweisung in der Form vorgenommen, dass ein Bedachter z.B. das Haus, ein anderer das Wertpapierdepot erhält. Nach der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB ist davon auszugehen, dass der mit einem Gegenstand Bedachte nicht Erbe ist, und zwar auch dann nicht, wenn er als solcher bezeichnet wurde.
Handelt es sich bei den Gegenständen im Verhältnis zum Gesamtnachlass um geringere Werte, dann ist von einer vermächtnisweisen Zuwendung auszugehen und im Übrigen von der gesetzlichen Erbfolge. Machen die einzelnen Gegenstände im Wesentlichen den Wert des Nachlasses insgesamt aus, dann greift die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB nicht ein.
Wird der wesentliche Teil des Vermögens einem Bedachten zugewandt, dann ist davon auszugehen, dass der Erblasser in der Regel die Einsetzung zum Alleinerben gewollt hat, mit der Folge, dass dem Bedachten auch die nicht ausdrücklich zugewandten Gegenstände zufallen.
Rz. 41
Schwieriger ist die Ermittlung des Erben, wenn der Erblasser sein gesamtes Vermögen nach Gruppen auf verschiedene Bedachte verteilt hat (Einsetzung nach Vermögensgruppen). Hier wird ausnahmsweise eine "gegenständliche Erbeinsetzung" als möglich angesehen, weil davon auszugehen ist, dass der Erblasser hier eine Erbeinsetzung mit Teilungsanordnung vornehmen wollte. Der BGH hat für den Fall, dass der Erblasser sein gesamtes Vermögen nach Vermögensgruppen oder nach Einzelgegenständen unter den Bedachten Personen aufgeteilt hat, entschieden, es liege insoweit nahe, dass der Erblasser eine Erbeinsetzung gewollt habe.
Es liegt dann eine Erbeinsetzung zu den Quoten vor, die sich aus den Wertverhältnissen des Zugewiesenen zum Gesamtnachlass ergeben. Es handelt sich hierbei also um gegenständlich ermittelte Erbquoten und gleichzeitig um eine Teilungsanordnung. Für den Zeitpunkt der Bewertung ist darauf abzustellen, ob es dem Erblasser darauf ankam, den Bedachten entsprechend eines bestimmten Wertverhältnisses am Nachlass zu beteiligen, dann ist der Zeitpunkt der Testamentserrichtung maßgebend. Kam es dem Erblasser in erster Linie darauf an, dem Bedachten die ihm zugewandten Gegenstände zukommen zu lassen, dann ist deren Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls für die Bewertung der einzelnen Gegenstände und der daraus resultierenden Erbquote ausschlaggebend.
Rz. 42
Von einer derartigen Erbeinsetzung nach Vermögensgruppen ist allerdings dringend abzuraten, da sie zwangsläufig zu Unklarheiten und Missverständnissen bei der Auslegung der letztwilligen Verfügung und der Abwicklung des Nachlasses führt. Der Berater hat sich vielmehr der juristischen Gestaltungsmittel zu bedienen, um durch klare Regelungen und Formulierungen das gewünschte Ziel zu erreichen – nämlich eine Erbeinsetzung nach Quoten – und für die Verteilung einzelner Gegenstände Auseinandersetzungsanordnungen zu treffen (siehe § 12 Rdn 1 ff.).