Rz. 61

Die Auslegungsregel des § 2069 BGB stellt die gesetzliche Vermutung auf, dass für den Fall, dass der Erblasser einen seiner Abkömmlinge bedacht hat und dieser nach der Errichtung des Testaments weggefallen ist, im Zweifel anzunehmen ist, dass dessen Abkömmlinge insoweit bedacht sein sollen, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an dessen Stelle treten würden. Als Abkömmling gilt, wer vom Erblasser in gerader Linie abstammt – also die Kinder, Enkel und Urenkel.[113] Unumstritten ist, dass auch nichteheliche bzw. adoptierte Kinder als "Abkömmlinge" im Sinne der Vorschrift anzusehen sind. Streitig ist aber, ob diese auch als erstberufene Abkömmlinge gelten.

 

Rz. 62

Falls der Erblasser eine entsprechende Vermutung gerade nicht wünscht, ist ihm zu empfehlen, nichteheliche bzw. adoptierte Kinder bei der Ersatzerbenberufung in der letztwilligen Verfügung ausdrücklich auszuschließen. Wie wichtig eine Ersatzerbenbestimmung letztlich sein kann, zeigt auch die Entscheidung des BGH[114] und des BayObLG,[115] wonach eine Wechselbezüglichkeit einer Schlusserbeneinsetzung in einem gemeinschaftlichen Testament nicht auf die Vermutungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB gestützt werden kann, wenn die Ersatzerbeneinsetzung lediglich auf § 2069 BGB beruht.

 

Rz. 63

Muster 10.13: Ausschluss nichtehelicher oder adoptierter Abkömmlinge von der Ersatzerbenberufung

 

Muster 10.13: Ausschluss nichtehelicher oder adoptierter Abkömmlinge von der Ersatzerbenberufung

Für den Fall, dass einer der Erben vor oder nach dem Erbfall wegfällt, bestimme ich seine Abkömmlinge zu Ersatzerben. Ausgenommen von der Ersatzerbfolge und der Vermutungsregelung des § 2069 BGB sind nichteheliche und adoptierte Kinder und deren Abkömmlinge.

 

Rz. 64

Will der Erblasser in einem solchen Fall einen anderen (keinen Abkömmling) zum Ersatzerben berufen und insgesamt ausschließen, dass die Abkömmlinge seiner Kinder zu Ersatzerben ernannt werden, dann ist ein Ausschluss unter Hinweis auf die gesetzliche Vermutungsregel zu empfehlen.

 

Rz. 65

Muster 10.14: Ausschluss der Ersatzerbenvermutung nach § 2069 BGB

 

Muster 10.14: Ausschluss der Ersatzerbenvermutung nach § 2069 BGB

Fällt mein Sohn vor oder nach dem Erbfall weg, so bestimme ich entgegen jeder anderslautenden gesetzlichen oder richterlichen Auslegungs- oder Vermutungsregel _________________________, geb. am _________________________, wohnhaft in _________________________, zum Ersatzerben. Für die übrigen Miterben will ich ausdrücklich keine Ersatzerben bestimmen. Sollte einer von ihnen wegfallen, so soll entgegen jeder anderslautenden gesetzlichen oder richterlichen Auslegungs- oder Vermutungsregel ein Ersatzerbe nicht bestimmt werden, sondern unter den übrigen Miterben Anwachsung eintreten.

[113] Palandt/Weidlich, § 2069 Rn 3.

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