Rz. 19
Will der Erblasser erzwingen, dass sich seine Erben an seine letztwilligen Anordnungen halten, dann kann er sog. Verwirkungsklauseln im Testament aufnehmen. Verwirkungsklauseln (Strafklauseln) liegen vor, wenn der Erblasser in seinem Testament verfügt, dass der Erbe (oder sonst Bedachte), der gegen seinen Willen handelt, nichts mehr aus dem Nachlass erhält. Im Zweifel liegt dann eine auflösend bedingte Erbeinsetzung vor. Typische Verwirkungsklauseln sind die Pflichtteilsklauseln (vgl. hierzu § 19 Rdn 118 ff.), Veräußerungsverbote, Streitvermeidungsklauseln oder bspw. Wohlverhaltenklauseln dergestalt, dass es der Erbe unterlässt, Bezugsberechtigungen von Lebensversicherungsverträgen zu widerrufen.
Rz. 20
Schwierigkeiten bereitet in der Praxis die Frage, wann eine Strafklausel eingreift. Verfügt der Erblasser bspw., dass derjenige, der "Streit anfängt", von der Erbfolge ausgeschlossen ist, so stellt sich die Frage, wann eine solche unbestimmte Formulierung zum Verlust der erbrechtlichen Zuwendung führt. Fraglich ist dabei, ob schon ein außergerichtliches Auflehnen gegen die Verfügung zum Eintritt der Bedingung führt oder erst eine gerichtliche Geltendmachung.
Rz. 21
Damit dies nicht richterlichem Ermessen überlassen wird, sollten der Tatbestand und die Rechtsfolgen solcher auflösend bedingten Klauseln deutlich formuliert werden. Auf Tatbestandsebene ist dabei genau zu definieren, wann die Bedingung ausgelöst wird, und auf Seiten der Rechtsfolgen sollte klar geregelt sein, ob der Bedachte dann ganz von der Erbfolge ausgeschlossen ist, ob er bspw. nur beschränkter Erbe ist oder ob er lediglich (vermächtnisweise) etwas von dem Erbteil herauszugeben hat.
Erfolgt die Erbeinsetzung unter einer auflösenden Bedingung, dann liegt grundsätzlich bis zur Möglichkeit des Bedingungseintrittes eine konstruktive Vor- und Nacherbschaft vor, da die Zuwendung erst mit Eintritt der Bedingung (ex nunc) ihre Wirksamkeit verliert. Nacherbe wird dann entweder eine vom Erblasser bestimmte Person oder nach § 2104 BGB der gesetzliche Erbe.
Rz. 22
Muster 10.4: Einsetzung eines Erben unter der Bedingung, eine Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung nicht zu widerrufen
Muster 10.4: Einsetzung eines Erben unter der Bedingung, eine Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung nicht zu widerrufen
Ich, _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, setze meine beiden Kinder aus erster Ehe, _________________________, geb. am _________________________ in _________________________ und _________________________, geb. am _________________________, in _________________________, zu meinen Vollerben zu jeweils gleichen Teilen hinsichtlich meines gesamten Vermögens ein. Die Erbeinsetzung erfolgt unter der auflösenden Bedingung, dass der Erbe die Bezugsberechtigungen zugunsten meiner zweiten Ehefrau _________________________ bei der _________________________ Versicherung Nr. _________________________ nicht widerruft. Widerruft einer oder widerrufen alle meine Erben die Bezugsberechtigung, so tritt die auflösende Bedingung unabhängig davon ein, ob der Widerruf erfolgreich ist. (Weiter folgen Regelungen, was mit dem Erbteil passiert, wer Nacherbe wird).
Rz. 23
Im Erbschein muss die (konstruktive) Nacherbfolge und die Bedingung angegeben werden. Auch wenn der Bedachte grundsätzlich bei der konstruktiven Vor- und Nacherbschaft als befreiter Vorerbe angesehen wird, sollte darauf geachtet werden, dass die Bedingung nur einen kurzen Zeitraum nach dem Erbfall erfasst und alsbald Klarheit herrscht. Will der Erblasser die konstruktive Vor- und Nacherbschaft vermeiden, sollte die Sanktionsklausel vermächtnisweise ausgestaltet sein. Im Bereich des Widerrufs von Bezugsberechtigungen bei Verträgen zugunsten Dritter schlägt Kornexl vor, den Erben mit einem Vermächtnis zugunsten des Bezugsberechtigten zu belasten, ein Widerruf des Schenkungsangebotes zu unterlassen.
Rz. 24
Muster 10.5: Einsetzung eines Erben mit Unterlassungsvermächtnis, eine Bezugsberechtigung nicht zu widerrufen
Muster 10.5: Einsetzung eines Erben mit Unterlassungsvermächtnis, eine Bezugsberechtigung nicht zu widerrufen
Ich, _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, setze meine beiden Kinder aus erster Ehe, _________________________, geb. am _________________________ in _________________________ und _________________________, geb. am _________________________, in _________________________, zu meinen Vollerben zu jeweils gleichen Teilen hinsichtlich meines gesamten Vermögens ein.
Die Erben werden mit einem Vermächtnis dergestalt belastet, dass sie es zu unterlassen haben, die zugunsten meiner zweiten Ehefrau _________________________ bei der _________________________ Versicherung angeordnete Bezugsberechtigung nicht zu widerrufen. Sollte die Bezugsberechtigung dennoch widerrufen werden und die Versicherung an die Erben und nicht an die Bezugsberechtigte ausbezahlen...