I. Allgemeines
Rz. 48
Im Rahmen der Erbenbestimmung gilt es immer zu bedenken, dass der ausgewählte Erbe den Erbfall möglicherweise nicht erlebt oder die Erbschaft nicht annimmt. In einem solchen Fall käme es, wenn kein Ersatzerbe vorgesehen ist, zum Eintritt der gesetzlichen Erbfolge, bzw. wenn mehrere Miterben vorhanden sind, zur Anwachsung (§ 2094 BGB). Insoweit besteht ein Konkurrenzverhältnis zwischen der Ersatzerbenregelung und der Anwachsung, das vom Gesetzgeber in § 2099 BGB dahingehend geregelt wurde, dass das Ersatzerbenrecht der Anwachsung vorgeht.
Rz. 49
Neben den Regelungen über die Anwachsung spielen auch die Vermutungsregeln über die Ersatzerbenbestimmung nach den §§ 2068, 2069 BGB sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung zur hypothetischen Ersatzerbenbestimmung eine große Rolle. Bei der Gestaltung eines Testamentes sollte daher grundsätzlich eine Ersatzerbenbestimmung getroffen werden, ggf. ist eine solche ausdrücklich auszuschließen.
II. Ersatzerbe, Nacherbe
Rz. 50
Die Bestimmung eines Ersatzerben ist stets von der eines Nacherben zu unterscheiden. Während der Ersatzerbe für den Fall bestimmt wird, dass der zuvor Bedachte den Erbfall nicht erlebt oder nach Eintritt des Erbfalls entfällt, ist der Nacherbe als sogenannter Nachfolger eines zuerst bestimmten Erben benannt. Der Nacherbe wird also Erbe, nachdem der zuerst bestimmte Erbe (Vorerbe) die Erbenposition eingenommen hatte. Der Ersatzerbe tritt dagegen an die Stelle desjenigen Erben, der die Erbenstellung aufgrund Vorversterbens oder aufgrund nachträglichen Wegfalls mit Rückwirkung auf den Erbfall nie erhalten hat. Im Rahmen der Nacherbfolge besteht die Vermutungsregel des § 2102 Abs. 1 BGB, wonach die Einsetzung als Nacherbe im Zweifel auch die Einsetzung als Ersatzerbe enthält. Diese Auslegungsregel gilt allerdings nicht umgekehrt, d.h., eine Einsetzung als Ersatzerbe enthält nicht automatisch auch die Einsetzung als Nacherbe.
III. Die ausdrückliche Bestimmung eines Ersatzerben gemäß § 2096 BGB
1. Allgemeines
Rz. 51
Der Ersatzerbe ist grundsätzlich nur Hilfserbe, er wird nur dann zum Erben berufen, wenn der zuerst Berufene nicht Erbe wird. Zweck der Einsetzung eines Ersatzerben ist vorwiegend die Verhinderung des Eintritts der gesetzlichen Erbfolge bei Wegfall eines Erben. Die Ersatzerbfolge entspricht dem Eintrittsrecht gemäß § 1924 Abs. 3 BGB bei der gesetzlichen Erbfolge.
2. Wegfall des Bedachten
Rz. 52
Der Erblasser kann gemäß § 2096 BGB für den Fall, dass der Erbe vor oder nach dem Eintritt des Erbfalls wegfällt, einen anderen als Erben einsetzen (Ersatzerbe). Das Gesetz sieht also mehrere sog. "Ersatzfälle" vor. Vor dem Erbfall entfällt ein Erbe beispielsweise dann, wenn er vorverstorben ist, einen Erbverzicht gemäß §§ 2346 Abs. 1, 2352 BGB abgegeben hat oder wenn der Erblasser die Bestimmung des Erstberufenen widerrufen hat. Gleiches gilt für den Fall, dass eine unwirksame Erbeinsetzung vorlag. Nach dem Erbfall kann die Erbenstellung durch Ausschlagung entfallen oder aber auch durch Erbunwürdigkeitserklärung, § 2344 BGB.
Rz. 53
Die Auslegungsregel des § 2097 BGB bestimmt für den Fall, dass der Erblasser nur für eine der beiden Fallgruppen eine Ersatzerbenberufung getroffen hat, im Zweifel anzunehmen ist, dass der Erbe für beide Fälle als Ersatzerbe eingesetzt ist. Soll die ausdrückliche Ersatzerbenbenennung nur für eine der Fallgruppen gelten, so ist dies ausdrücklich in der Verfügung niederzulegen. Die Ersatzerbenbenennung kann auch nur für einen der Wegfallgründe bestimmt werden.
3. Wegfall durch Ausschlagung und Pflichtteilsgeltendmachung
Rz. 54
Problematisch ist der Fall der "taktischen" Ausschlagung eines erstberufenen Erben gemäß § 2306 Abs. 1 BGB zum Zwecke der Erlangung des Pflichtteils. Diese hat zur Folge, dass aufgrund der Ersatzerbeneinsetzung der Stamm des Ausschlagenden Erbe wird, wenn auch belastet mit der Pflichtteilslast gemäß § 2320 Abs. 2 BGB. Diese Rechtsfolge dürfte allerdings dem Willen des Erblassers grundsätzlich nicht entsprechen, sodass in der letztwilligen Verfügung eine so genannte Verwirkungsklausel aufzunehmen ist, mit dem Inhalt, dass ein den Pflichtteil verlangender Erbe mit seinem ganzen Stamm von der Erbfolge ausgeschlossen ist.
Rz. 55
Die Rechtsprechung hat die tatsächliche Vermutung aufgestellt, dass ein den Pflichtteil verlangender Erbe mit seinem ganzen Stamm von der Erbfolge ausgeschlossen ist, falls ein Abkömmling die Erbschaft ausschlägt und seinen Pflichtteil verlangt. Dies gilt allerdings nur für die vermutete Ersatzerbenberufung gemäß § 2069 BGB, nicht dagegen für den Fall der ausdrücklichen Ersatzerbenberufung (vgl. Rdn 66 ff.). Die Ersatzerbenbestimmung sollte daher die Fälle des Wegf...