Rz. 72
Ein weiteres Problem im Rahmen der Ersatzerbenbestimmung entsteht beim Abschluss sogenannter Zuwendungsverzichtsverträge, wobei sich nach Inkrafttreten der Reform des Erb- und Verjährungsrechtes zum 1.1.2010 die Situation etwas entschärft hat. Die Vorschrift des § 2352 BGB eröffnet die Möglichkeit für den durch Testament berufenen Erben, Vermächtnisnehmer oder den durch Erbvertrag begünstigten Dritten, durch vertragliche Vereinbarung mit dem Erblasser auf die ihm zugedachte Zuwendung zu verzichten.
Nicht Gegenstand des Zuwendungsverzichtes kann die Auflage oder ein gesetzliches Vorausvermächtnis (§§ 1932, 1969 BGB) sein. Darüber hinaus muss die letztwillige Verfügung, auf die sich der Zuwendungsverzicht bezieht, zum Zeitpunkt des Verzichtes bereits vorhanden sein.
Rz. 73
Für die Gestaltung erbrechtlicher Verfügungen stellte sich in der Vergangenheit das Problem, dass sich die Wirkung von solchen Zuwendungsverzichtsverträgen nach h.M. wegen der in § 2352 S. 3 BGB a.F. fehlenden Verweisung grundsätzlich nicht (auch nicht analog) auf die Abkömmlinge des Verzichtenden erstreckt, was dazu führte, dass diese, wenn eine bindende oder vertragsmäßige Verfügung vorlag, als ausdrückliche oder vermutete Ersatzerben (§ 2069 BGB) an die Stelle des Verzichtenden traten. Lediglich wenn der Zuwendungsverzicht gegen (volle) Abfindung erfolgte, konnte der Wille des Erblassers dahingehend ausgelegt werden, dass eine weitergehende Begünstigung des Stammes des Verzichtenden nicht gewollt war. Nach der Reform des Erb- und Verjährungsrechtes erfolgt die Erstreckungswirkung auf Abkömmlinge nunmehr unabhängig davon, ob der Verzichtende eine Abfindung erhält. Zu beachten gilt es dabei, dass die Erstreckungswirkung auch nach dem neuen Recht nicht greift, wenn eine Anwachsung nach § 2094 BGB an die anderen bindend eingesetzten Miterben erfolgt, andere als Abkömmlinge zu Ersatzerben bestimmt sind oder der Verzichtende nicht Abkömmling oder die der Seitenlinie mit dem Erblasser verwandt ist. Ferner kann auch im Verzichtsvertrag die Erstreckungswirkung ausgeschlossen werden.
Rz. 74
Will der Erblasser für den Fall, dass einer der (bindend) Bedachten einen Zuwendungsverzicht erklärt, die Doppelbegünstigung desselben Stammes durch Nachrücken eines Abkömmlings des Verzichtenden verhindern, dann ist die Aufnahme einer auflösenden Bedingung ins Testament nach wie vor zur Klarstellung sinnvoll und in den Fällen, in denen die Erstreckungswirkung nicht greift, auch erforderlich.
Rz. 75
Muster 10.15: Ersatzerbenausschluss von Abkömmlingen bei Zuwendungsverzicht
Muster 10.15: Ersatzerbenausschluss von Abkömmlingen bei Zuwendungsverzicht
Für den Fall, dass einer meiner Abkömmlinge vor oder nach dem Erbfall wegfällt, gleichgültig aus welchem Grunde, bestimme ich dessen Abkömmlinge zu Ersatzerben, wiederum ersatzweise soll Anwachsung eintreten. Schlägt einer der Bedachten seinen Erbteil aus, macht er seinen Pflichtteil geltend, so ist er mit seinem ganzen Stamm von der Erbfolge ausgeschlossen. Gleiches gilt auch, wenn einer der Abkömmlinge einen Zuwendungsverzicht erklärt hat. In diesem Fall werden die Abkömmlinge des Verzichtenden ausdrücklich nicht Ersatzerben.