Rz. 6

Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn der Erblasser keine letztwillige Verfügung, d.h. kein Testament oder Erbvertrag errichtet hat.

I. Gesetzliche Erben

 

Rz. 7

Die gesetzliche Erbfolge beruht auf der Verwandtschaft oder der Ehe, wobei die Verwandten in eine Rangfolge gebracht werden, die das Gesetz als Ordnungen bezeichnet. Dabei gilt, dass die dem Erblasser nähere Ordnung die weiter entfernten Ordnungen von der gesetzlichen Erbfolge ausschließt.

Im Verhältnis zum Erblasser sind Erben

erster Ordnung die Abkömmlinge des Erblassers, d.h. seine Kinder und, sofern diese bereits verstorben sind, deren Kinder, § 1924 BGB,
zweiter Ordnung die Eltern des Erblassers und deren Kinder, sofern die Eltern des Erblassers vor diesem verstorben sind, § 1925 BGB,
dritter Ordnung die Großeltern und deren Abkömmlinge, sofern die Großeltern vor dem Erblasser verstorben sind, § 1926 BGB,
vierter Ordnung die Urgroßeltern und deren Abkömmlinge, sofern die Großeltern verstorben sind, § 1928 BGB,

II. Erbanteile

 

Rz. 8

Erben gleicher Ordnung erben immer zu gleichen Teilen, d.h. das Erbe wird zwischen den Erben einer Ordnung gleichmäßig aufgeteilt.

III. Erbrecht des Ehegatten

 

Rz. 9

Das Erbrecht des Ehegatten des Erblassers ist gesondert geregelt. Es konkurriert mit dem der Erben kraft Verwandtschaft und ist umso stärker, je weiter die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Erblasser und erbenden Verwandten sind.

 

Rz. 10

Der Ehegatte ist neben Erben der ersten Ordnung zu einem Viertel und neben denen der zweiten Ordnung zur Hälfte berechtigt, § 1931 Abs. 1 BGB.

 

Rz. 11

Schwieriger wird es, wenn neben dem Ehegatten noch erbberechtigte Großeltern des Erblassers vorhanden sind. Diesen gegenüber hat der Ehegatte einen Anspruch auf die Hälfte der Erbschaft. Abkömmlinge der – verstorbenen, jedoch grundsätzlich erbberechtigten – Großeltern verdrängt der Ehegatte jedoch vollständig von der Erbfolge (§ 1931 Abs. 1 BGB).

 

Rz. 12

Eine im Hinblick auf das Ehegattenerbrecht bedeutsame Regelung enthält § 1931 Abs. 2 BGB, nach dessen Inhalt die Vorschriften des § 1371 BGB unberührt bleiben. § 1371 BGB regelt den Zugewinnausgleich im Todesfall. Durch diesen erhält der überlebende Ehegatte regelmäßig mehr als den ihm zustehenden Erbteil, da § 1371 Abs. 1 BGB bestimmt, dass der Ehegatte einen pauschalierten Zugewinnausgleich in Höhe eines Viertels der Erbschaft beanspruchen kann, unabhängig davon, ob überhaupt ein Ehegatte einen Zugewinn während der Ehe erzielt hat. Anderseits kann der Ehegatte aber auch die Erbschaft ausschlagen und einen normalen familienrechtlichen Zugewinnausgleich durchführen und den errechneten Anspruch neben dem Pflichtteilsanspruch fordern. Zu beachten ist, dass der in § 1371 BGB normierte Zugewinnausgleich im Fall des Todes nur zur Anwendung kommt, wenn die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben.

 

Rz. 13

Eine Sonderregelung für den Fall, dass der Erblasser mehrfach verheiratet war und Kinder aus früheren Ehen hinterlassen hat, enthält § 1371 Abs. 4 BGB. Danach ist der überlebende Ehegatte verpflichtet, diesen Kindern aus seinem pauschalierten Zugewinnausgleich eine angemessene Ausbildung zu finanzieren.

IV. Beispiele

 

Rz. 14

A stirbt, ohne ein Testament gemacht zu haben. Seine Frau ist vor ihm gestorben. Er hat noch eine Tochter T, auch leben seine Eltern noch.

Die Tochter ist in diesem Fall Alleinerbin des A, weil sie als Erbin erster Ordnung die Eltern des A, die lediglich Erben zweiter Ordnung sind, von der gesetzlichen Erbfolge ausschließt.

Genauso wäre es, wenn die T zwar vor ihrem Vater gestorben wäre, aber ein Kind hinterlassen hätte. In diesem Fall wären die Eltern durch das Kind der T, das direkter Abkömmling des A wäre, von der Erbfolge ausgeschlossen.

Hätte der A keine Kinder hinterlassen und lebten nur noch seine Eltern, so wären diese Erben. Dies gilt auch dann, wenn A noch Geschwister gehabt hätte.

A stirbt und hinterlässt drei Kinder, X, Y und Z. Diese erben zu jeweils ⅓.

Anders ist es, wenn Y seinerseits bereits gestorben ist. Sind keine weiteren Erben vorhanden, so erben X und Z jeweils zur Hälfte. Hat jedoch Y seinerseits zwei Kinder S und T hinterlassen, so treten diese als Erben erster Ordnung in den Erbteil des Y ein.

A stirbt und hinterlässt einen Ehemann E sowie die Kinder A und B. Tochter C, die mit ihrem Mann D zwei Kinder hatte, ist bereits verstorben.

Zunächst ist festzustellen, wie der überlebende Ehemann gegenüber den Abkömmlingen der A, die Erben erster Ordnung sind, erbt. Hier gilt § 1931 Abs. 1 BGB, nach dessen Inhalt der E gegenüber Erben erster Ordnung ein Viertel erbt. Zu beachten ist weiterhin, dass der E nach § 1371 BGB einen Zugewinnausgleich in Höhe eines weiteren Viertels zusteht. Als Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass der E damit eine Hälfte erbt. Die andere Hälfte verteilt sich grundsätzlich zu gleichen Teilen auf die Kinder A, B und C. Da die C jedoch verstorben ist, erben ihre beiden Kinder ihren Erbteil zu gleichen Teilen. Die zweite Hälfte des Erbes verteilt sich also wie folgt: A und B erben jeweils ein Drittel, das letz...

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