1. Erstberichtigung des Grundbuchs
Rz. 121
Nach Eintritt des Erbfalls kann eine Grundbuchberichtigung vorgenommen worden sein, die sich nachträglich als nicht richtig herausstellt, weil bspw. ein unrichtiger Erbschein aufgrund eines ungültigen Testaments erteilt worden war.
Rz. 122
Fall
Erblasser E hat ein Testament hinterlassen, wonach A zum Alleinerben eingesetzt wurde; die Kinder K1 und K2 sind enterbt und deshalb lediglich pflichtteilsberechtigt. A erhält vom Nachlassgericht einen Erbschein über sein Alleinerbrecht und lässt sich im Wege der Grundbuchberichtigung als Alleineigentümer des Grundbesitzes des Erblassers im Grundbuch eintragen. Danach erfahren K1 und K2 von Umständen über den Gesundheitszustand des Erblassers, die nach ihrer Meinung den Schluss zulassen, der Erblasser sei im Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierunfähig gewesen und sie seien deshalb gesetzliche Erben geworden. Sie beantragen beim Nachlassgericht die Einziehung des für A erteilten Erbscheins und die Neuerteilung eines Erbscheins, wonach sie beide je zur Hälfte gesetzliche Erben geworden sind.
Im Grundbuch muss nunmehr die auf A vorgenommene Grundbuchberichtigung beseitigt und es müssen K1 und K2 – wiederum im Wege der Grundbuchberichtigung – als Eigentümer eingetragen werden. Dazu legen K1 und K2 je eine Ausfertigung des Erbscheinseinziehungsbeschlusses und des neuen Erbscheins vor. Alle Ausfertigungen des ersten – unrichtigen – Erbscheins müssen vom Nachlassgericht zurückgefordert werden.
Für einen Antrag auf Grundbuchberichtigung nach Einziehung eines Erbscheins siehe Muster Rdn 120.
2. Zweitberichtigung des Grundbuchs
a) Einziehung des unrichtigen Erbscheins und Neuerteilung eines richtigen Erbscheins
Rz. 123
Wird nach den Erbscheinsvorschriften ein unrichtiger Erbschein eingezogen (§ 2361 BGB) und ein neuer erteilt, der die Erbfolge nunmehr anders ausweist, so ist die ursprünglich vorgenommene Grundbuchberichtigung zu korrigieren durch eine Zweitberichtigung (vgl. Fall Rdn 124). Minderjährige Erbprätendenten sind in Bezug auf ihre gesetzliche Vertretung ordnungsgemäß zu beteiligen.
Rz. 124
Das Verfahren auf Einziehung eines unrichtigen Erbscheins und Neuerteilung eines anders lautenden Erbscheins kommt demnach im vorhergehenden Beispiel als Alternative zur Grundbuchberichtigungsklage von K1 und K2 gegen A in Betracht. Die Grundbuchberichtigungsklage bezieht sich lediglich auf ein konkretes Grundstück, während das Erbscheinsverfahren die Erbfolge als Ganze in den gesamten Nachlass betrifft.
Das Erbscheinsverfahren unterliegt dem Amtsermittlungsgrundsatz nach § 26 FamFG; das kann im Einzelfall von Vorteil sein (vgl. zu den Einzelheiten des Erbscheinsverfahrens § 7 Rdn 201 ff.).
Zieht das Nachlassgericht den unrichtigen Erbschein ein, so hat es alle erteilten Ausfertigungen zurückzufordern, weil die Ausfertigung im Rechtsverkehr die Urschrift ersetzt, § 47 BeurkG analog. Können nicht alle Ausfertigungen zurückerlangt werden, so ist der Erbschein nach § 353 FamFG für kraftlos zu erklären (vgl. hierzu § 7 Rdn 276 ff.).
Ein Beschwerdeverfahren nach Erteilung eines Erbscheins kann nicht mit der Zielsetzung der Einziehung dieses Erbscheins angestrengt werden, wenn der Beschluss, der die Erteilung des Erbscheins bewilligt hat, bereits in formelle Rechtskraft erwachsen ist.
b) Funktionelle Zuständigkeit für die Erbscheinseinziehung
Rz. 125
Gem. § 16 Abs. 1 Nr. 7 RPflG bleibt in Nachlasssachen die Einziehung von Erbscheinen, sofern diese aufgrund einer Verfügung von Todes wegen einzuziehen sind, dem Richter vorbehalten. Die Landesregierungen sind gem. § 19 Abs. 1 Nr. 5 RPflG ermächtigt worden, durch Rechtsverordnung den Richtervorbehalt für die Geschäfte nach § 16 Abs. 1 Nr. 7 RPflG ganz oder teilweise aufzuheben. Ist ein solcher Richtervorbehalt nach Landesrecht nicht aufgehoben und trifft ein funktionell unzuständiger Rechtspfleger eine solche Entscheidung, so ist diese gem. § 8 Abs. 4 S. 1 RPflG unwirksam.
c) Sachliche Zuständigkeit für den Erlass einer einstweiligen Anordnung
Rz. 126
Sind im Rahmen eines Abhilfeverfahrens die Voraussetzungen für die Einziehung des bereits erteilten Erbscheins zu prüfen, ist das Nachlassgericht für den Erlass der das Einziehungsverfahren begleitenden einstweiligen Anordnung zuständig. Der Regelungsgehalt einer im Rahmen eines Erbscheinseinziehungsverfahrens zu erlassenden einstweiligen Anordnung ist auf die in der Hauptsache ergehende Endentscheidung hin beschränkt. Der Ausspruch, sich einstweilig jeglicher (alleiniger) Verfügung über Nachlassgegenstände zu enthalten, ist dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Zivilrechtsverfahren vorbehalten.
d) Berichtigung eines Erbscheins oder dessen Einziehung?
Rz. 127
Ob Erbscheine überhaupt und ggf. in welchem Umfang einer Berichtigung nach § 42 FamFG zugänglich sind, ist umstritten. Teilweise wird vertreten, Schreibfehler, unerhebliche Falschbezeichnungen oder "ähnliche offenbare Unrichtigkeiten" könnten im Erbschein berichtigt werden, sofern dessen sachlicher Gehalt nicht berührt wird. Nach andere...