I. Regelungen der EuErbVO
Rz. 397
Fraglich ist, wie ein sich auf ein Grundstück beziehendes Vindikationslegat (dingliches Vermächtnis) einer anderen Rechtsordnung sich auf die konkrete Situation an einem deutschen Grundstück auswirkt. Hierzu enthält die EuErbVO einen Vorbehalt zugunsten der lex rei sitae (vgl. Art. 69 Abs. 5 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 lit. k und l, Art. 31 EuErbVO). Bezüglich eines in Deutschland belegenen Grundstücks bedarf es daher nach wie vor auch dann noch der Auflassung und Grundbucheintragung zur wirksamen Vermächtniserfüllung, wenn das anzuwendende Erbstatut an sich ein Vindikationslegat vorsieht. Folge der Anerkennung von Vindikationslegaten durch den EuGH ist, dass der Begünstigte eines Vindikationslegats nach Maßgabe der Vorschriften des fremden Erbrechts Eigentümer der deutschen Immobilie wird. Es handelt sich um dem deutschen Grundbuchrecht bislang unbekannte Erwerbstatbestände nach ausländischem Recht jenseits der rechtsgeschäftlichen Einzelrechtsnachfolge durch Einigung und Eintragung (§§ 873, 925 BGB) und jenseits des Erwerbs durch Gesamtrechtsnachfolge als Erbe/Miterbe. Da sich der Rechtserwerb außerhalb des Grundbuchs vollzieht, ist das Grundbuch infolge des Erwerbs unrichtig geworden. Die Eintragung des Begünstigten im Grundbuch hat deklaratorischen Charakter. Aus Art. 1 Abs. 2 lit. l EuErbVO und Erwägungsgrund 19 ergibt sich insoweit zunächst, dass die Eintragung des Begünstigten nur nach den Regeln des deutschen Registerrechts möglich ist, d.h. nach den §§ 22, 35 GBO: Um dem Begünstigten überhaupt eine Eintragung ohne Auflassung zu ermöglichen, wird der Begriff der "Erbfolge" i.S.v. § 35 GBO zukünftig so zu interpretieren sein, dass er auch die Eintragung des nicht zum Erben berufenen Vindikationslegatars ermöglicht.
II. Grundbuchberichtigung aufgrund eines dinglich wirkenden französischen Vindikationslegats
Rz. 398
Nach Inkrafttreten der EuErbVO ist das Grundbuchamt nicht mehr berechtigt, einem nachgewiesenen Vindikationslegat nach französischem Recht seine dingliche Wirkung abzusprechen.
Ein vom Legatar vorgelegtes ENZ stellt grundsätzlich einen ausreichenden Unrichtigkeitsnachweis i.S.d. § 22 GBO dar, mit dem die Rechtsstellung belegt werden kann. Wie auch sonst bei nationalen Erbscheinen steht dem Grundbuchamt aber ein Prüfungsrecht zu, soweit Zweifel dies gebieten.
III. Anwendung ausländischen Rechts durch deutsche Gerichte
Rz. 399
Ausländisches Recht hat der Tatrichter entsprechend § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln. Wie er sich diese Kenntnis verschafft, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Jedoch darf sich die Ermittlung des fremden Rechts nicht auf die Heranziehung der Rechtsquellen beschränken, sondern muss auch die konkrete Ausgestaltung des Rechts in der ausländischen Rechtspraxis, insbesondere die ausländische Rechtsprechung, berücksichtigen. Der Tatrichter ist gehalten, das Recht als Ganzes zu ermitteln, wie es sich in Lehre und Rechtsprechung entwickelt hat. Er muss dabei die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausschöpfen. Vom Revisionsgericht wird insoweit lediglich überprüft, ob der Tatrichter sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt, insbesondere sich anbietende Erkenntnisquellen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls hinreichend ausgeschöpft hat, denn ausländisches Recht ist nicht revisibel.