1. Antragsverfahren
a) Grundsatz des Antragserfordernisses
Rz. 7
Grundsatz: Ohne Antrag kein Grundbucheintrag
Das Grundbuchamt wird – mit ganz wenigen Ausnahmen – nur auf Antrag tätig. Das in § 13 GBO geregelte Erfordernis eines Eintragungsantrags ist zwar lediglich ein "Soll-Erfordernis", faktisch bedeutet dies jedoch, dass grundsätzlich keine Grundbucheintragung ohne entsprechenden Antrag zustande kommt. Andererseits würde eine Eintragung trotzdem ihre materiellrechtlichen Rechtswirkungen entfalten, wenn ohne Antrag eine Eintragung vorgenommen würde.
b) Antragsberechtigung
Rz. 8
Antragsberechtigt: Sowohl "verlierender Teil" als auch "gewinnender Teil"
Der Eintragungs- oder Löschungsantrag kann sowohl von demjenigen gestellt werden, der ein Recht erwirbt, als auch von demjenigen, der ein Recht aufgibt, § 13 Abs. 1 S. 2 GBO. Grundbuchverfahrensrechtlich nennt man dies den "gewinnenden Teil" bzw. "verlierenden Teil".
c) Form des Antrags
Rz. 9
Der Eintragungs- bzw. Löschungsantrag bedarf grundsätzlich keiner Form; dies bedeutet jedoch, dass er schriftlich gestellt werden muss, denn das Grundbuchamt muss den genauen Zeitpunkt des Eingangs des Antrags vermerken können, § 13 Abs. 2 GBO.
Grundbuchanträge werden nach der Reihenfolge des Antrags erledigt, daraus können sich Rangverhältnisse dinglicher Rechte ergeben.
d) Vertretung des Antragstellers
Rz. 10
Der Antragsteller kann von einem Bevollmächtigten vertreten werden, § 10 FamFG. Die Vollmacht bedarf lediglich der Schriftform, § 30 GBO.
Ein Notar, der die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung beurkundet oder beglaubigt hat, gilt von der erklärenden Person als ermächtigt, den betreffenden Eintragungsantrag zu stellen, § 15 GBO – er ist "Antragsermächtigter".
2. Formelles Konsensprinzip
Rz. 11
Das formelle Konsensprinzip findet seinen Ausdruck in §§ 19, 29 GBO. Es gilt im Grundsatz dann, wenn nicht das Vollrecht Eigentum übertragen wird, sondern lediglich ein beschränktes dingliches Recht eingetragen oder gelöscht werden soll. Nach § 19 GBO müssen dem Grundbuchamt nicht die materiellrechtlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Rechts bzw. für seine Aufhebung nachgewiesen werden, also nicht die Einigung gem. § 873 Abs. 1 BGB und auch nicht die Aufhebungserklärung nach § 875 Abs. 1 BGB. Vielmehr genügt die "Bewilligung" desjenigen, der ein Recht aufgibt – also des "verlierenden Teils". Der Begriff "Bewilligung" ist eine altertümliche Ausdrucksweise für "Zustimmung".
Hinweis
Formelles Konsensprinzip: Aus der Tatsache, dass der "verlierende Teil" eine Eintragung bewilligt, schließt das Grundbuchverfahrensrecht, dass die materiellrechtlichen Erklärungen ordnungsgemäß zustande gekommen sind.
Rz. 12
Die Bewilligung kann nicht unter einer Bedingung oder einem Vorbehalt erklärt werden.
Wichtig: Die Bewilligung bedarf gem. § 29 GBO der notariellen Beglaubigung oder Beurkundung, damit die Identität des Erklärenden sichergestellt ist. § 29 GBO hat zentrale Bedeutung, weil damit ein strenges Nachweisverfahren im Grundbuchverfahren postuliert wird. Alle Eintragungsvoraussetzungen – außer dem Eintragungsantrag – sind in dieser strengen Form nachzuweisen.
Rz. 13
Beispiel für das formelle Konsensprinzip: Bei einem vermächtnisweise zugewandten Wohnungsrecht bedarf es nicht der Vorlage der Einigung gem. § 873 Abs. 1 BGB über die Einräumung des Wohnungsrechts. Vielmehr genügt lediglich die Bewilligung der Eintragung durch den Erben als Grundstückseigentümer. Diese Eintragungsbewilligung muss gem. § 29 GBO notariell beglaubigt oder beurkundet sein. Den Antrag auf Eintragung des Wohnungsrechts (§ 13 GBO) kann sowohl der Eigentümer als auch der Wohnungsberechtigte wie auch beide gemeinsam stellen. Eine entsprechende Vollmacht zur Vertretung des Antragstellers wäre schriftlich zu erteilen, § 30 GBO. Der beglaubigende bzw. beurkundende Notar ist gem. § 15 GBO ermächtigt, den Eintragungsantrag zu stellen. Aus diesem Antragsrecht folgt auch ein Beschwerderecht (§§ 71 ff. GBO), falls eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Grundbuchamts einzulegen wäre.
Rz. 14
Eine Ausnahme vom Bewilligungsgrundsatz macht die GBO, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden kann, §§ 22, 35 GBO. Dies ist insbesondere im Falle der erbrechtlichen Rechtsnachfolge der Fall. Dort kann der Rechtsübergang durch Vorlage einer Ausfertigung eines Erbscheins oder jeweils einer beglaubigten Abschrift eines notariellen Testaments mit nachlassgerichtlicher Eröffnungsniederschrift nachgewiesen werden, ohne dass es der Bewilligung bedürfte. Allerdings ist ein Berichtigungsantrag gem. § 13 GBO erforderlich. Die in die zivilprozessualen Bestimmungen eingebettete Legaldefinition des Begriffs der öffentlichen Urkunde gilt auch in Grundbuchsachen.
3. Materielles Konsensprinzip
Rz. 15
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