A. Typischer Sachverhalt
Rz. 1
Der Erblasser ist im Grundbuch als Alleineigentümer eines Grundstücks eingetragen. Beerbt wurde er von der Witwe zur Hälfte und von den beiden gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern zu je einem Viertel. Die Erbengemeinschaft bleibt bestehen; anstelle des Erblassers sollen die Erben in Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen werden (zum Recht auf Grundbucheinsicht und dem Recht, Abschriften aus den Grundakten verlangen zu können, vgl. § 9 Rdn 48 ff.).
B. Allgemeines
I. Universalsukzession
Rz. 2
War der Erblasser im Grundbuch als Eigentümer oder als Inhaber eines beschränkten dinglichen Rechts eingetragen, so ist es häufig erforderlich, den oder die Erben anstelle des Erblassers im Grundbuch eintragen zu lassen. Die seit dem Urteil des BGH vom 29.1.2001 (zur Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft) viel diskutierte Frage, ob auch die Erbengemeinschaft rechtsfähig sei, hat der BGH mit Urt. v. 11.9.2002 entschieden: Die Erbengemeinschaft ist nicht rechtsfähig. So auch das BayObLG.
Der gesetzliche Rechtsübergang nach § 1922 BGB führt zur Unrichtigkeit des Grundbuchs (§ 894 BGB) mit der Folge, dass eine Grundbuchberichtigung vorzunehmen ist.
Das Grundbuch darf aber nur in der Weise berichtigt werden, dass es den geänderten Rechtszustand insgesamt richtig wiedergibt.
II. Erlöschen höchstpersönlicher Rechte
Rz. 3
Höchstpersönliche dingliche Rechte wie der Nießbrauch an einem Grundstück (§§ 1030 ff. BGB), eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§§ 1090 ff. BGB), ein Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) oder eine Wohnungsreallast (§ 1105 BGB) gehen mit dem Tod des Rechtsinhabers nicht auf dessen Erben über, sondern erlöschen. Die Grundbuchberichtigung führt in einem solchen Fall zur Löschung des Rechts. Das nach den Vorschriften der §§ 31 ff. WEG begründete Dauerwohnrecht geht allerdings auf die Erben über und erlischt nicht mit dem Tod des Berechtigten.
Rz. 4
Zum Nachweis gem. § 29 GBO, dass ein Nießbrauch gem. § 1061 S. 1 BGB wegen Versterbens des Berechtigten erloschen ist, genügt die Vorlage der notariell beglaubigten Abschrift einer Sterbeurkunde beim Grundbuchamt auch dann, wenn diese vom Standesamt mit dem Vermerk "Nur für Rente – gebührenfrei" versehen worden ist. Die einer Personenstandsurkunde i.S.d. § 55 Abs. 1 PStG zukommende Beweiskraft (§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 PStG) wird nicht dadurch eingeschränkt, dass sie gem. § 64 Abs. 2 S. 3 SGB X gebührenfrei erteilt wurde.
III. Wege der Grundbuchberichtigung
Rz. 5
Die Grundbuchberichtigung erfolgt in unstreitigen Fällen im formalisierten Grundbuchverfahren (siehe Rdn 26 ff.) oder sie wird in streitigen Fällen auf zivilprozessualem Weg über die Grundbuchberichtigungsklage nach § 894 BGB vorbereitet (siehe Rdn 152 ff.), die zur Ersetzung der grundbuchrechtlich erforderlichen Zustimmung zur Grundbuchberichtigung führt; mit Rechtskraft des ergehenden Urteils gilt diese Zustimmung nach § 894 ZPO als abgegeben. Freilich ist danach die eigentliche Berichtigung auf der Grundlage des rechtskräftigen Urteils im Grundbuch auf Antrag des Klägers noch zu vollziehen.
Die Berichtigung erfolgt nur auf Antrag (§ 13 GBO). § 22 GBO sieht für den Fall der Grundbuchberichtigung weitere Erfordernisse vor: Es ist entweder eine Berichtigungsbewilligung des Betroffenen vorzulegen – was hier ausscheidet – oder die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachzuweisen.
Zur Vorbereitung einer Grundbuchberichtigung auf grundbuchverfahrensrechtlichem Weg kommt auch das Erbscheinsverfahren in Betracht (vgl. hierzu Rdn 105 ff., 153 und § 7 Rdn 201 ff.).
IV. Zuständigkeiten in Grundbuchsachen
Rz. 6
Grundsätzlich werden die Grundbücher von den Amtsgerichten geführt, § 1 Abs. 1 S. 1 GBO. Zur Sonderzuständigkeit in Baden-Württemberg bis 31.12.2017 vgl. die Vorauflagen.
V. Grundsätze des Grundbuchverfahrensrechts
1. Antragsverfahren
a) Grundsatz des Antragserfordernisses
Rz. 7
Grundsatz: Ohne Antrag kein Grundbucheintrag
Das Grundbuchamt wird – mit ganz wenigen Ausnahmen – nur auf Antrag tätig. Das in § 13 GBO geregelte Erfordernis eines Eintragungsantrags ist zwar lediglich ein "Soll-Erfordernis", faktisch bedeutet dies jedoch, dass grundsätzlich keine Grundbucheintragung ohne entsprechenden Antrag zustande kommt. Andererseits würde eine Eintragung trotzdem ihre materiellrechtlichen Rechtswirkungen entfalten, wenn ohne Antrag eine Eintragung vorgenommen würde.
b) Antragsberechtigung
Rz. 8
Antragsberechtigt: Sowohl "verlierender Teil" als auch "gewinnender Teil"
Der Eintragungs- oder Löschungsantrag kann sowohl von demjenigen gestellt werden, der ein Recht erwirbt, als auch von demjenigen, der ein Recht aufgibt, § 13 Abs. 1 S. 2 GBO. Grundbuchverfahrensrechtlich nennt man dies den "gewinnenden Teil" bzw. "verlierenden Teil".
c) Form des Antrags
Rz. 9
Der Eintragungs- bzw. Löschungsantrag bedarf grundsätzlich keiner Form; dies bedeutet jedoch, dass er schriftlich gestellt werden muss, denn das Grundbuchamt muss den genauen Zeitpunkt des Eingangs des Antrags vermerken können, § 13 Abs. 2 GBO.
Grundbuchanträge werden nach der Reihenfolge des Antrags erledigt, daraus können sich Rangverhä...