A. Ansprüche bei verzögertem Versterben
Rz. 1
Zunächst ist immer zu prüfen, ob das Unfallopfer zunächst noch eine gewisse Zeit gelebt hat. Denn dann stehen ihm zunächst einmal eigene Ansprüche zu, die ein vollkommen anderes Schicksal haben können, als später die der Hinterbliebenen. Da sind Entgeltfortzahlung oder eine Gehaltsdifferenz zu beachten, Sachschäden des Verletzten, Heilbehandlungskosten usw., also all das, was bereits unter § 9 – Ersatzansprüche bei Verletzungen (siehe § 9 Rdn 1 ff.) behandelt wurde. Dazu gehört auch ein eigener Schmerzensgeldanspruch. Diese Ansprüche sind alle vererblich und fließen ggf. einer Erbengemeinschaft zur gesamten Hand zu.
B. Ansprüche Hinterbliebener
Rz. 2
Davon zu unterscheiden sind die Ansprüche der Hinterbliebenen, insbesondere der unterhaltsberechtigten Personen gem. § 844 Abs. 2 BGB.
Rz. 3
Die Bearbeitung von "Tötungsfällen" erfordert nicht nur sehr viel zeitlichen Aufwand, sondern ist insbesondere bei Berechnung von Barunterhaltsschaden und Haushaltsführungsschaden juristisch sehr anspruchsvoll und aufwendig. Der tatsächliche zeitliche und arbeitsmäßige Aufwand wird in aller Regel mit dem gesetzlichen Honorar nicht aufgewogen. Derartige Großschadensakten nehmen schnell einen mehrfachen Leitzordnerumfang ein und sind dann schon im Verlaufe des Entstehens des ersten Ordners unwirtschaftlich, ohne dass der Anwalt das im Zuge seines Arbeitseifers merkt. Es sollte daher niemals ein Großschaden ohne vorherige Gebührenvereinbarung begonnen werden; denn wenn der Anwalt die Unwirtschaftlichkeitsgrenze bemerkt, ist es zu spät: Er kann dann keine Gebührenvereinbarung mehr abschließen.
Merke
Niemals einen Großschaden annehmen, ohne zuvor die Frage einer Gebührenvereinbarung geklärt zu haben.
Rz. 4
Bevor Ersatzansprüche bei Getöteten bearbeitet werden, muss zunächst die Erbfolge geklärt werden. Denn ansonsten kann es böse Überraschungen geben, wenn die jeweiligen Miterben verschiedene Anwälte beauftragen. Das wäre kontraproduktiv und gebührentechnisch unerfreulich. Der Versicherer muss ja nur "an die Erbengemeinschaft" als Ganzes zahlen und das auch nur einmal. Somit zahlt er auch nur einmal Anwaltshonorar! Also sollte der Anwalt sich zunächst die Vollmachten aller Miterben beschaffen. Es ist sinnvoll und unbedingt erstrebenswert, dass nur ein Anwalt die Interessen aller Miterben gegenüber dem Schädiger vertritt, es sei denn, dass sich ein Interessenkonflikt eröffnet.
I. Allgemeine materielle Ersatzansprüche
1. Beerdigungskosten
Rz. 5
Der Ersatz von Beerdigungskosten ist geregelt in § 844 Abs. 1 BGB.
a) Anspruchsberechtigte
Rz. 6
Danach sind im Falle tödlicher Verletzung die Beerdigungskosten demjenigen zu ersetzen, der diese Kosten zu tragen hat. Dabei dürfte es sich in der Regel um den oder die Erben des Getöteten handeln (§ 1968 BGB). In Betracht kommen aber auch Dritte, die damit eine Pflicht des Erben erfüllen (§§ 677 ff. BGB).
Rz. 7
Eine Pflicht des Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zur Tragung der Beerdigungskosten besteht nach § 1968 BGB nur, wenn dieser zugleich Erbe ist. Daher hat auch nur dieser einen Anspruch auf Erstattung der Beerdigungskosten nach § 844 Abs. 1 BGB. Wenn der Partner die Beerdigungskosten ohne Verpflichtung hierzu übernommen hat, kommt ein Anspruch aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den Erben in Betracht (Wenker, VersR 1998, 557; Röthel, NZV 2001, 329 ff.; OLG Köln, FamRZ 1992, 55).
b) Keine überholende Kausalität
Rz. 8
Die Kosten der Beerdigung sind auch dann zu übernehmen, wenn der Getötete aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes ohnehin kurze Zeit später gestorben wäre; eine überholende Kausalität gibt es hier nicht (BGH NJW 1992, 3298; OLG Düsseldorf zfs 1994, 405). Wäre in den Fällen unfallbedingter Tötung der Grundsatz überholender Kausalität zu berücksichtigen, gäbe es überhaupt keinen Ersatz von Beerdigungskosten.
c) Umfang der Ersatzpflicht
Rz. 9
Ersatzpflichtig sind die Kosten einer standesgemäßen und würdigen Beerdigung gem. § 1968 BGB. Was als "standesgemäß" zu bezeichnen ist, ergibt sich aus der wirtschaftlichen und sozialen Situation des Getöteten vor dem Unfall.
Rz. 10
Dabei kommt es auch auf die allgemeinen oder speziellen Gebräuche im privaten und sozialen Umfeld des Getöteten an. Gesamtkosten in Höhe von heutzutage 10.000 bis 15.000 EUR im gutbürgerlichen Mittelstand dürften nicht zu beanstanden sein (OLG Hamm zfs 1993, 407).
d) Einzelpositionen
aa) Kosten des Beerdigungsaktes
Rz. 11
Hierzu gehören zunächst die Kosten eines angemessenen Sarges, die Kosten der Einsargung und der Sargträger.
Rz. 12
Alsdann gehören hierzu die Kosten des Beerdigungsaktes einschließlich Blumenschmuck, Pfarrer, Sargträger, Musik, Chor und Aufbahrungskosten. Soweit üblich, sind auch die Kosten für das Sechswochenamt zu ersetzen.
Rz. 13
Ferner sind auch die Kosten für die unmittelbare Benachrichtigung von Verwandten sowie die Todesanzeigen auf Karten und als Zeitungsanzeigen, alle Gebühren und etwaige Kosten für Spezialbestattung, sofern vertretbar und dem letzten Willen des Verstorbenen entsprechend (also zumindest Feuerbestattung, wohl auch noch Seebestattung), zu erstatten. Selbst die Blumen naher Angehöriger sind zu ersetzen.
Rz. 14
Das Sterbegeld ist auf die Beerdigungskosten anzurec...